Full text: Geschichte (Abth. 6)

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viel hielt, nach Hofe kommen und erzählte ihnen seinen 
sonderbaren Traum. Diese deuteten ihn auf einen Sohu, 
den seine Tochter Mandane gebären, und der einst Herr 
von ganz Asien sein werde. Hierüber erschrack der König. 
Aus Besorguiß entfernte er seine Tochter vom Hofe und 
schickte sie nach der kleinen Landschaft Persis. Dort ver- 
heirathete er sie an einen Perser von geringer Macht 
und stillem, friedlichem Charakter mit Nameu Kambyses. 
Von diesem glaubte er nichts befürchten zu dürfen. Nach 
Jahresfrist bekam Mandane einen Sohn, welcher den 
Namen Cyrus oder Kores, d. i. Sonne, erhielt. Nun 
erneuerte sich des Königs Traum, mit ihm auch die Angst. 
Sogleich ließ er das Kind vor sich bringen und gab es 
dem Harpagus, einem seiner Hofleute, mit dem Befehle, 
dasselbe im wildesten Gebirge dem Verhungern auszu¬ 
setzen. Harpagus nahm das Kind, ging fort und weinte. 
Er konnte es nicht über's Herz bringen, das unschuldige 
Kind selbst zu todten. Doch fürchtete er den Zorn seines 
Königs und gab es einem Hirten zum Aussetzen. Auch 
der gute Hirt konnte es nicht. Dieser nahm das schöne 
Knäblein mit sich nach Hanse und gab es seiner Frau, 
deren Kind gerade gestorben war. Und sie schmückte ihr 
todtes Kind mit den schönen Kleidern des Cyrns und 
setzte es statt seiner aus. Drei Tage nachher ging der 
Hirt in die Stadt und sprach zum Harpagus, nun könne 
er ihm des Knaben Leiche zeigen. Da schickte Harpagus 
seine getreuesten Lanzenträger, ließ nachsehen und be¬ 
graben — des Hirten Sohn. 
Cyrns aber wuchs in voller Schönheit in des Hirten 
Hütte heran. Fröhlich wie das Lärümchen auf der Weide 
hüpfte er umher und spielte mit den andern Kindern. Ge¬ 
wiß ahnte keiner, daß das muntere Knäblein in seinem 
Schäferröckchen einst noch der mächtigste König in ganz 
Asien sein werde. Die Kinder hatten ihn alle sehr lieb, 
weil er so munter und verständig war. Bei ihren Spielen 
mußte er immer König sein. Einst spielte auch der Sohn 
eines vornehmen Meders mit ihnen. Cyrns war wieder 
König und wies jedem seinen Posten an. Das vornehme 
Söhnchen aber wollte sich von dem Hirtenknaben nicht 
befehlen lassen. Da half nichts, es wurde für seinen Un¬ 
gehorsam von dem Hirtenknaben mit recht derben Schlä¬ 
gen gezüchtiget. Nun lief es weinend nach Hause und
	        
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