Full text: Geschichte (Abth. 6)

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lautete da wieder der Befehl. Mit schweigender Augst 
gabeu die Karthager auch diese hin. Nachdem sie so ent¬ 
waffnet und aller Vertheidignugsmittel beraubt waren 
fanrkr letzte und furchtbarste Befehl: „Auszuziehen mit 
Wet& inid Kind von der Heimat, zu zerstören mit eigener 
Hand die Stadt und einige Meilen von der Küste sich 
neue Hütten zu bauen!" 
Jetzt aber gerieth ganz Karthago in Wuth und Ver¬ 
zweiflung Falles verwünschte und verfluchte deu römischen 
Namen, ©ie schworen mit ihrer Stadt unterzugehen. 
Sofort begannen die Nothanstalten der Gegenwehr. Die 
Thore wurden verrammt, der Hafen mit einer laugen 
Zugkette gesperrt, die Giebel der Häuser abgetragen, um 
das Holz zum Schiffbau zu gebrauchen. Ganz Karthago 
glich einer großen Werksiätte; in allen Straßen wurde ge¬ 
hämmert, gehobelt, geschmolzen. Die Weiber schnitten ihr 
langes Haar ab, um Taue und Sehnen zu flechten, eine 
halbe Million Menschen wetteiferte in Darbringung frei¬ 
williger Gaben und Opfer. Vor den Thoren stand Kar¬ 
thagos Feldherr Hasdrnbal mit einem Heere. Zwei Jahre 
lang schlugen die Verzweifelnden alle Angriffe der Belagerer- 
siegreich zurück; da schickten die Römer deu Cousul S cipio 
Aerniliauus dahiu. Dieser berühmte Kriegsheld erstürmte 
endlich im dritten Jahre der Belagerung, im Jahre 146 
v. Chr., die Maueru, uud die Römer drangen hinein. Ein 
furchtbares Gemetzel begann jetzt in den Straßen, in den 
Häusern, sechs Tage lang, mitten zwischen den Trümmern 
und Flammen der angezündeten Stadt. Siebenzehn Tage 
hindurch stand sie in heller Lohe. Was des Römers 
Schwert nicht fraß, gab sich selbst den Tod; Tausende 
stürzten sich in die Flammen, scipio selbst vergoß bei 
dem Anblicke des namenlosen Elendes, unter düsterer Ah¬ 
nung des künftigen Schicksals seiner eigenen Vaterstadt, 
Thränen der Wehmuth. Nach der mörderischen Vertheidi¬ 
gung waren kaum noch 50,000 Unglückliche übrig, die zu 
Sklaven gemacht wurden. So sank Karthago, die Han- 
delskönigin der Welt, in Schutt und Asche. Wilde Thiere 
und barbarische Völker Hansen heutzutage auf der Stätte, 
wo Karthago 700 Jahre laug in regem Kunstfleiße stand 
und blühte.
	        
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