170
Das Zeitalter des Emporkommens Preußens. 1648 -1786.
Die ersten beiden Schleichen Kriege und der österreichische Erbfolgekrieg.
1740 —1742 § 150. Der erste Schlesische Krieg. Die allgemeinen politischen
Verhältnisse Europas hatten seit dem Utrechter Frieden (§ 135) dadurch
1711 Bis besonders eine Veränderung erfahren, daß es Karl VI. nicht gelungen
1740 war, die erworbene Machtstellung Österreichs festzuhalten. Die großen
Gebiete, die Prinz Eugen in einem neuen Türkenkriege eroberte
— damals nahm er, „der kühne Ritter" des Volksliedes, Belgrad und
^Verlust? Bwattg die Türken zur Abtretung von Teilen Serbiens und der Wa-
lachet —, wurden in einem späteren Kriege wieder verloren. Auch auf
Neapel und Sizilien mußte Karl verzichten, sie gingen in den
Besitz einer Nebenlinie der spanischen Bourbonen über. Das Deutsche
Lothringens büßte damals Lothringen ein; das Ergebnis des Polnischen
Erbfolgekrieges x) war, daß der eine der Bewerber um die polnische
Krone, der von Frankreich unterstützte Stanislaus Leszczynski, Lud-
wigs XV. Schwiegervater, mit Lothringen entschädigt wurde, während
als König von Polen Kurfürst August III. von Sachsen anerkannt
wurde. So erhielt ein Pole ein altes Stück deutschen Landes; nach
seinem Tode sollte das Herzogtum an Frankreich fallen. Dem Herzog
Franz von Lothringen, dem Gemahl von Karls VI. Tochter Maria
Theresia, wurde nach dem Aussterben der Mediceer Toskana als
Großherzogtum zugewiesen.
Das Bestreben Karls VI. war hauptsächlich darauf gerichtet ge-
^tvffe9"10' toefen' öie europäischen Staaten zur Anerkennung der p r a g m a t i -
Sanktion schen Sanktion zu veranlassen, eines Staatsgrundgesetzes, welches
bestimmte, daß die habsburgischen Lande für immer ungeteilt beiein-
ander bleiben, und daß in Ermangelung männlicher Nachkommen die
weibliche Erbfolge gelten solle. Da Karl keine Söhne hatte, so mußte
Meresta demgemäß die Krone auf seine älteste Tochter Maria Theresia
1740 bis übergehen. Als aber der Kaiser 1740 starb, wurde die Nachfolge Maria
1780 Theresias auf das stärkste angefochten. Insbesondere erhob Kurfürst
Karl Albert von Bayern Erbansprüche, der dabei auf die Unter-
stützung Frankreichs und Spaniens rechnete. Diesen Gegnern gegen-
über konnte Österreich allein auf die Bundesgenossenschaft Englands
zählen, das zu Frankreich von je im Gegensatz stand, mit Spanien aber
damals in einem Seekrieg begriffen war.
Ansprüche auf Diese Umstände benutzte Friedrich II. zu einer E r o b e -
Schlesien " '
1) 1733 War August II. der Starke, zugleich Kurfürst von Sachsen und
König von Polen, gestorben. Vor der Wahl zum polnischen König (1697)
war er zum Katholizismus übergetreten.