Heinrich IV.
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Schreiben hinzu, in welchem er den Papst aufforderte, den päpstlichen
Stuhl zu verlassen.
Aus Heinrichs IV. Schreiben an Gregor VII. In bem Schreiben
hieß es: „Du hast die Vorsteher der heiligen Kirche, Erzbischöfe, Bischöfe,
Priester, die Gesalbten des Herrn, angetastet und abgesetzt, und wie Knechte
hast Du sie mit Füßen getreten. Du meintest, sie alle verständen nichts. Du
allein wüßtest alles. Dein Sinn ist zum Hochmut verleitet. Du aber hieltest
unsre Demut für Furcht und hast Dich gegen die königliche Gewalt selber,
die uns von Gott verliehen ist, erhoben. Du hast gewagt, die Drohung
auszustoßen, daß Du uns die königliche Gewalt nehmen wolltest, gleich als ob
wir das Reich von Dir empfangen hatten, gleich als ob die Königs- oder
Kaiserkrone in Deiner Hand und nicht in Gottes Hand wäre; Du hast unsre
Bischöfe verachtet und unsern Priestern das Amt entrissen. Auch mich, der
ich zur Herrschaft gefrönt bin, hast Du angerührt, da es doch heißt: „Fürchtet
Gott, ehret den König!" Du aber entehrst mich, seinen Gesalbten. Darum
steige herab, verlaß den angemaßten Stuhl Petri! Ein anderer besteige den
apostolischen Thron! Ich, Heinrich, von Gottes Gnaden König, samt allen
meinen Bischöfen spreche zu Dir: „Steige herab, steige herab!"
Diese Schriftstücke wurden von mehreren Gesandten nach Nom
gebracht. Der Papst versammelte Kardinäle, Bischöfe und andere Geist¬
liche, ließ beide Briefe vorlesen und belegte den deutschen König zur
Strafe mit dem Banne, entsetzte ihn seiner Würde und entband alle
seine Untertanen vom Eide der Treue.
Aus dem Bannspruch Gregors VII. gegen Heinrich IV. Heiliger
Petrus, Fürst der Apostel, neige zu mir, ich bitte dich, gnädig dein Ohr und
höre mich, deinen Knecht, den du von Kindheit an beschützet hast. Durch
deine Gnade ist mir von Gott die Gewalt gegeben, an deiner Statt zu binden
und zu lösen im Himmel und aus Erden. Zur Ehre und zum Schutz deiner
Kirche spreche ich ab im Namen des allmächtigen Gottes, des Vaters, des
Sohnes und des heiligen Geistes, dem König Heinrich, des Kaisers Heinrich
Sohn, der gegen die Kirche mit unerhörtem Hochmut sich erhoben hat, die
Herrschaft des gesamten Reiches über Deutschland und Italien und löse alle
Christen von dem Bande des Eides, den sie ihm geleistet haben oder noch
leisten werden, und ich untersage jedem, ihm fürder als einem Könige zu
dienen. Denn wer die Ehre deiner Kirche vermindert, verliere selber die
Ehre, die er zu haben meint. Und weil er nicht gehorcht hat wie ein Christ
und nicht zurückgekehrt ist zu dem Gotte, den er verlassen hat, mit Gebannten
Gemeinschaft hält, vielerlei Bosheit begeht und meine Ermahnungen verachtet,
sich von der Kirche losreißt, so binde ich ihn an deiner Statt mit dem Bande
des Fluches und binde ihn dergestalt, daß alle Völker erkennen sollen, daß
du Petrus bist, aus den der Sohn Gottes seine Kirche gebaut, daß sie die
Pforten der Hölle nicht überwältigen.
c) Der Kaiser beugt sich dem Papste. Der Bannfluch hatte
für den Kaiser bittere Folgen. Die Fürsten fielen von ihm ab und
erklärten: „Ist der Kaiser nicht binnen Jahresfrist vom Banne gelöst
und mit dem Papste versöhnt, so werden wir einen neuen König
wählen." Sein Königsamt wollte Heinrich um jeden Preis retten.
Da blieb ihm nichts übrig, als nach Italien zu ziehen und sich
mit dem Papste auszusöhnen. Das geschah im Jahre 1077 zu
Canossa.