§ 5. Attila. — Die Hunnenschlacht. 17
Es war um die Mitte des 5. Jahrhunderts, daß Attila seine hölzerne
Hofburg in Ungarn verließ, um an der Spitze des gesamten Heerbannes
der Hunnen und der unterjochten oder verbündeten Hilfsvölker das weströmische
Reich mit der Schärfe des Schwertes zu nehmen. Mehr als eine halbe
Million Krieger setzte sich in Bewegung und zog dem Rheine zu. Wieviel
Jammer brachten dieselben über die Länder, durch welche sie zogen!
„Wohin der Huf von Attila's Pferd trat, da wuchs kein Gras mehr",
so heißt es in einem alten Volksspruch. „Sie zerstörten die Römerstädte am
Rhein und in Gallien und trugen Mord, Raub und Verwüstung bis an die
Loire. Die Bürger der offenen Flecken drängten sich in die festen Städte;
die Bewohner der Ebenen flüchteten sich in die Gebirge; die Waldungen be¬
völkerten sich mit Landleuteu, die sich um die Höhlen der wilden Tiere stritten;
die Anwohner der Meeresküste und der Flüsse brachten ihre Familien und
ihre wertvollsten Güter in Fahrzeugen nach den geschützten Orten. In Metz
wurden die Priester samt den neugetauften Kindern an den Altären erschlagen,
und die blühende Stadt den Flammen übergeben, also daß nur eine einsame
Kapelle den Platz bezeichnete, wo sie einst gestanden". (Allgem. Weltgeschichte
von Weber, 2. Aufl., S. 667 u. f.)
Aber Gott ließ es uicht zu, daß das Christentum durch die rohen
heidnischen Hunnen in Europa seinen Untergang finden sollte. Der Retter
war Astius, damals der erste Staatsmann des römischen Kaisers. Mit Um¬
sicht hatte er viele germanische Völker zum gemeinsamen Handeln bewogen.
Besonders schwer war es ihm geworden, den Westgotenkönig in Spanien
zu überzeugen, daß nur ein gemeinschaftliches Vorgehen gegen den fürchter¬
lichen Feind Rettung bringen konnte. Attila suchte zum Schlachtfeld die
weite catalaunische Ebene bei Chalons an der Marne auf. Diese bot einen
geeigneten Kampfplatz für seine hunnischen Reiter, in denen die Hauptmacht
seines Heeres lag.
<1) Die Hunnenschlacht.
Nicht ohne Bangen ging Attila in die Schlacht; denn die Wahrsager
hatten ihm diesmal keinen guten Erfolg vorhergesagt. Er ermutigte sein
Heer durch eine Anrede: „Verachtet das Heer der Römer, sie fürchten sich
nicht nur vor den Wunden, sondern selbst vor dem Staub. Stürzt über
die Westgoten her! denn dort, wo die kriegerische Kraft ruht, müssen wir
schnell eine siegreiche Entscheidung suchen. Sind die Sehnen zerschnitten,
fallen die Glieder bald zu Boden, nicht kann der Körper aufrecht stehen,
wenn man ihm das Gerüst der Knochen nimmt. Wer verwundet wird, der
sühne mit dem Tode seines Gegners die Wunden; wer unverletzt bleibt,
sättige sich am Blut der Feinde!"
Durch solche Worte entflammt, stürmen alle in die Feldschlacht. Bald
trifft Schwert auf Schwert, ein blutiger, hin- und herwogender Kampf ent¬
brennt, grimmig, wechselvoll, furchtbar, hartnäckig. Ein Bach schwoll an,
aber nicht waren es Wassergüsse, die seine Wassermenge wachsen ließen: Das
Blut, welches den Wunden der Erschlagenen entströmte, machte ihn zum
reißenden Gießbach. Wem aber die geschlagene Wunde brennenden Durst
verursachte, der schlürfte das blutgemischte Wasser. Der Westgotenkönig
Hoffmann'S Geschichtsunterricht. 2