Full text: Handbuch für den Geschichtsunterricht in preußischen Volksschulen

Der deutsch-französ. Krieg. § 88. Der 2. September 1870. — Sedan. 401 
Zuerst übernimmt Ducrot den Oberbefehl, muß ihn aber schon nach 
wenigen Stunden auf Befehl der Pariser Regierung an General Wimpffen ab¬ 
geben, der eben erst auf dem Kriegsschauplatz erschienen und von Algier nach 
Frankreich zurückgekehrt ist. Er sieht das Heil der Armee nur in einem Durch¬ 
bruch nach Süden und beginnt auch mit einigen tausend Mann diese Bewe¬ 
gung auf Bazeilles zu. Dort hatte das bayerische 1. Corps inzwischen von 
dem 2/Unterstützung erhalten, und nun werden die anrückenden Massen des 
Feindes durch vernichtendes Feuer zurückgetrieben. Überall war den Franzosen 
der Ausweg verschlossen. Mit dem Mute der Verzweiflung kämpften sie um 
Leben und Ehre, wurden aber von der Übermacht der Deutschen, namentlich 
durch deren vortreffliche Artillerie, immer mehr auf der Hochfläche von Sedan 
zusammengedrängt. Da will bei Floing, im Norden von Sedan, die franzö¬ 
sische Reiterei noch der bedrängten Infanterie Luft schaffen. Etwa 8 Reiter¬ 
regimenter werfen sich mit voller Wucht den Preußen entgegen. Voll Staunen 
richtet König Wilhelm auf der Höhe von Frenois sein Fernrohr auf den 
Reitersturm, dessen Verlause er mit steigender Spannung folgt. Nur zu bald 
hat das verheerende Artillerie- und Jnfanteriefeuer der Deutschen die präch¬ 
tigen Scharen zerschmettert. In wildem Jagen brechen einzelne Schwadronen 
in die Infanterie hinein, um dort vollends auseinander gesprengt zu werden. 
Wenige nur erreichen die Ihrigen wieder. Ehrenvoll erlagen die feindlichen 
Reiter in ungleichem Kampf; das bereits besiegelte Geschick der französischen 
Armee hatten sie nicht mehr abzuwenden vermocht. 
Unaufhaltsam dringt nun das deutsche Fußvolk von allen Seiten weiter 
vor. Rings um Sedan drängt sich alles bunt und wild durcheinander. Schon 
fallen die preußischen Geschosse dicht bei der Festung nieder und vermehren 
noch die gräßliche Verwirrung. Jeder will zuerst in die schützende Stadt 
hinein, man zerpreßt sich fast in den Thoren derselben. Auch in Sedan selbst 
wälzt sich alles sorgen- und angstvoll umher. Die feindlichen Kugeln fahren 
bereits die Gassen entlang, schon stößt man hie nnd da auf Leichen von Men¬ 
schen und Tieren. Als die Festung sich mit fliehenden Truppen vollgefüllt 
hatte, erhielten die Bayern und Württemberger den Befehl, Sedan zu be¬ 
schießen. Die Geschosse fielen auf die Stadt, eine Rauchsäule stieg empor, die 
Flammen schlugen in der Stadt empor, die Verwirrung in derselben ward 
ungeheurer noch als bisher. Aller Augen im deutschen Heere richteten sich 
auf die Mauern von Sedan, hinter denen die geschlagene Armee des Feindes 
ihr Schicksal erwarten mußte. — Da ertönte plötzlich ein gewaltiger Freuden¬ 
ruf die deutsche Linie entlang; ein französischer Offizier stand auf der Mauer 
und schwenkte eine weiße Fahne; es war das Zeichen der Ergebung, welches 
das feindliche Feuer zum Schweigen brachte. Nun sollten die Waffen ruhen 
und die Verhandlungen nahmen ihren Anfang. 
d) Napoleon gefangen. (Begegnung des gefangenen Kaisers mit König 
Wilhelm und Grafen Bismarck.) 
Gegen 6 Uhr abends erschien der französische General Reille vor König 
Wilhelm uud^ überreichte diesem ein eigenhändiges Schreiben Napoleon's. In 
demselben hieß es: „Nachdem es mir nicht vergönnt war, in der Mitte meiner 
Truppen zu sterben, bleibt mir nichts übrig, als meinen Degen in die Hände 
Hoffmann's Geschichtsunterricht. 26
	        
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