Vom westfäl. Frieden bis zur ersten französischen Revolution. 135
Alles auf, um sie für sich zu gewinnen, auch fand er die katholischen
Kurfürsten feinen Absichten nicht abgeneigt. Doch hielten es die pro¬
testantischen Fürsten für einen unverantwortlichen Verrath am deutschen 8eoHb L
Vaterlande, einem Ausländer die Kaiserkrone zu übertragen, und wählten
Ferdinands Sohn Leopold I. zum Reichsoberhaupt. Er war ein milder, 1658_1705.
schwacher König, ohne persönlichen Muth, voll spanischer Förmlich¬
keiten, ein Spielball feiner Minister und der Jesuiten. Frankreichs
Ludwig XIV. baute auf den Grundlagen fort, welche Sullp, Ue6ergetoW
Richelieu und Mazarin gelegt hatten, und erlebte es, daß Frankreich in Europa,
wegen feiner Macht zwar den übrigen Staaten für ihre politische
Selbständigkeit Besorgnisse einflößte, aber in Geschmacksbildung und
Sittenverfeinerung angestaunt und nachgeahmt wurde. Spaniens Ohn¬
macht lag am Tage; es hatte im Kriege mit England und Portugal
nachgeben müssen. Das deutsche Reich entbehrte der Einheit, und ferne
Staatsmänner waren gegenüber den französischen gewandten Diplomaten
unbeholfen. Englands schwacher König Karl II. war wegen Bestech¬
lichkeit seiner Minister der Sklave fremden Einflusses. Holland, Por¬
tugal und andere Staaten schienen in mancherlei Beziehungen an
Frankreichs Interesse gebunden zu sein. Diese günstige Lage suchte Lud¬
wig XIV. zur Begründung des französischen Uebergewichts in Europa
auszubeuten; Waffengewalt und diplomatische Künste sollten helfen.
3. Ludwigs XIV. Krieg mit Spanien und Holland.
Ludwig war der Schwiegersohn Philipps IV. von Spanien und
hatte bei seiner Vermählung mit der Infantin Maria Theresia f^ier-^ spanischen
lichst auf die spanischen Lande Verzicht geleistet. Als aber Philipp IV. Niederlande.
(1665) starb, nahm Ludwig nach dem sogenannten Devolutions- oder Devolutwns-
Heimfallrechte die spanischen Niederlande in Anspruch und rückte sofort rvie9
mit einem Heere, welches Turenne und (Sonde befehligten, in Flandern
und in die Fr auch e Eomte ein. Die Spanier waren schlecht gerüstet
und hatten geringen Widerstand geleistet; man erstaunte, in wie kurzer
Zeit die niederländischen und burgundischen Festungen in Ludwigs
Hände gefallen waren. Die Holländer sahen die neue Nachbarschaft
mit gerechtem Mißtrauen an und schlossen deshalb mit England und
Schweden einen Bund, „die Triple-Allianee," um die spanische Herrschaft
in den Niederlanden zu erhalten (1668). Der französische König Tnple-
gab im Frieden zu Aachen die Franche (Somte wieder heraus, behielt -tlllilluc
aber die eroberten niederländischen Städte Charleroi, Tournai, Douai
und Lille.
Ludwig XIV. war höchst aufgebracht gegen Holland, welches die