Wahrheit gefärbt haben. Die historische Kritik hat genau zu prüfen,
ob eine Quelle echt oder gefälscht, vollständig oder durch Weglassungen
und Zusätze entstellt ist, ob die Thatsachen richtig oder falsch aufgefaßt,
parteiisch oder unparteiisch dargestellt sind. Sie sichtet Zufälliges von
Wesentlichem, sucht die treibenden Ursachen der Ereignisse und die Beweg-
gründe der handelnden Personen, stellt den Zusammenhang her, ergänzt
das Fehlende durch Schlüsse, berichtigt das Irrtümliche durch Ver-
gleichungen, erklärt das Dunkle aus räumlichen, zeitlichen und sachlichen
Bedingungen und läßt durch zusammenhängende Darstellung das Bild
der Vergangenheit vor uns neu erstehen.
3. Hilfswissenschaften der Geschichte. Da die Geschichte keinen
Fortschritt übersehen darf, so müssen ihr alle Wissenschaften dienen.
Ihre besondern Hilfswissenschaften sind: die Geographie, die
den Schauplatz der Geschichte und die Beziehungen zwischen Land und
Leuten zeigt, die Chronologie, welche die Zeitrechnung und die Zeitfolge
verstehen lehrt, die Ethnographie, welche die Eigentümlichkeiten der
Völker schildert, die Statistik, welche die Zustände des öffentlichen Lebens
beobachtet, in Zahlen ausdrückt und daraus allerlei Schlüsse aus die
geistige Entwicklung macht, die Archäologie, welche die Denkmäler aus
alter Zeit, die Heraldik, welche Wappen, die Numismatik, welche
Münzen kennen und verstehen lehrt.
Wie das menschliche Geschlecht selbst eme Einheit, so ist auch seine
Geschichte eine untrennbare Kette. Der bessern Ubersicht wegen hat man
sie jedoch nach wichtigen oder epochemachenden Ereignissen in Perioden
eingeteilt. Die Grenzscheide zwischen der alten und neuen Zeit bildet
die Geburt Jesu und die Ausbreitung des Christentums unter den Kultur¬
völkern der alten Welt. (Die Welt- und Zeitalter wie die Perio¬
den der Geschichte siehe bei der Zeittafel am Schlüsse des Buches!)
Aus dem Altertums.
1. Egypten.
1. Das Land Ägypten*) im nordöstlichen Afrika war die Korn¬
kammer des Orients und ein Wunderland von alters her. Es ist gleich-
sam ein Geschenk des Nilflusses, der das 2—5 Meilen breite Thal zwischen
den libyschen Felsdämmen und dem kahlen Bergsaume am roten Meere
den wandernden Sandwolken der Wüste abgerungen hat. Selten be¬
feuchtet Regen das Land, aber aus dem Strome steigt der Segen. Zur
*) Der fettgedruckte Buchstabe beutet die betonte Silbe au. Ist nichts
markiert, so liegt der Hauptton auf der ersten Silbe.