98 II. Zeitr. Das Mittelalter. Von 768 bis 1517.
los. Rudolf, als geübter Ritter, wich dem Stoße aus und rannte dagegen seine
eigene Lanze durch das Augenloch des Helms seinem Gegner gerade ins Auge,
daß er todt vom Pferde stürzte. Aber in demselben Augenblicke durchbohrte ein
anderer der Verbündeten, ein thüringischer Ritter von riesenmäßiger Größe, Ru¬
dolfs Pferd mit der Lanze, daß es niederstürzte. Laut frohlockte jener über
den Fall des Königs; dieser aber deckte sich glücklich mit seinem Schilde, daß
die über ihn wegsprengenden Pferde ihn nicht zertraten, und bestieg darauf rasch
ein anderes Pferd, welches ihm einer seiner Ritter brachte. NM ging es mit
erneuerter Kraft gegen den Feind und dieser gerieth bald ins Weichen. Der
Böhmenkönig selbst floh, aber einige steiermärkische Ritter, deren Anverwandten
er vor mehreren Jahren grausam hatte hinrichten lassen, holten ihn ein und
tödteten ihn. Sein Heer wurde gänzlich geschlagen.
Der Tag der Schlacht war der 26. August des Jahres 1278, und die¬
ser Tag ist der Gründungstag der Größe des habsburgisch-östreichischen Hauses.
Denn nach diesem Siege belehnte der König, mit Einwilligung der deutschen
Kurfürsten, seine Söhne Albrecht und Rudolf mit den östreichischen
Landern, die er mit Schweiß und Blut dem böhmischen Hause abgewonnen
hatte.
Rudolf gab sich große Mühe, den Landfrieden herzustellen. Er gab strenge
Gesetze gegen den Mißbrauch des Faustrechts und zog selbst im Reiche umher,
dieselben m Ausübung zu bringen. Wo er eine Raubburg fand, zerstörte er sie,
ließ die Räuber hinrichten und erlaubte dagegen andern friedlichen Reichsständen,
in ihrem eigenen Gebiete Burgen zum Schutze gegen jene anzulegen. Auf einem
Zuge nach Thüringen hat er unter andern 66 Raubburgen zerstört und 29
Raubritter hinrichten lassen. Dem Grafen Eberhard von Würtemberg, der den
Wahlspruch hatte: „Gottes Freund und aller Welt Feind", und der sich
nicht zur Ruhe bequemen wollte, zerbrach er die Mauern seiner Hauptstadt
Stuttgart.
Rudolf war schon hoch in Jahren; er war über 50 Jahre alt gewesen,
als er König wurde, und wurde zuletzt so kränklich, daß ihm die Aerzte nur
durch ihre Kunst das Leben noch stifteten. Endlich, als er eben noch eine - Reise
am Rheinstrom machte, den er besonders liebte, kündigten sie ihm die Nähe des
Todes an, gerade als !er zu Straßburg im Schachbrett spielte. „Wohlan/
sprach er, „nach Speier, zu den Gräbern der Kaiser!" Er brach wirklich dahin
aus, kam aber nur bis Germersheim unb starb hier am 15. September 1291,
in seinem 74. Lebensjahre. Er wurde neben dem König Philipp begraben,
welchen Platz er sich selbst ausgewählt hatte. Rudolfs Redlichkeit war noch
lange nachher fprüchwörtlich im Munde des Volkes.
48. Adolf von Nassau. 1292-1298!
Nach Rudolfs Tode hat unser Vaterland nur wenig große Herrscher
mehr gehabt und die Kaiserwürde selbst hat immer mehr an ihrem alten Anse¬
hen verloren. Die deutschen Fürsten machten es sich längere Zelt hindurch zum
Grundsätze, so wenig als möglich Kaiser aus demselben Hause auf einander fol¬
gen zu lassen, damit es ja nicht das Ansehen gewönne, als sei die Würde erb¬
lich, und damit nicht der Sohn die Grundsätze des Vaters und Großvaters