Die Cimbern in Italien. 1*
als Riesen erschienen und ihnen, wenn sie sie zum erstenmale sahen, Furcht und
Schrecken einflößten.
So ging es auch den Römern, welche jetzt die Cimbern mit ihren kühnen
Wagstücken die Alpen herunterkommen sahen. Der römische Anführer Catulus
hatte sich an dem Etschstrome gelagert, eine Brücke geschlagen uud an beiden Sei¬
ten Schanzen angelegt. Ohne sich lange zu bedenken, brachen die Cimbern Fel-
senstücke und Bäume los, warfen sie in den Fluß, sich einen Damm zu machen,
und während vieles davon gegen die römische Brücke getrieben wurde, daß die
Pfeiler krachend zu wanken anfingen, ergriff die Römer jenseits des Flusses solcher
Schrecken, daß sie eiligst davon flohen; die in der Verschanzung diesseits aber
wurden von den stürmenden Cimbern überwältigt. Weil sie sich als tapfere Män¬
ner gehalten hatten, schenkten ihnen diese das Leben und ließen sie frei ziehen.
Das ganze schöne Oberitalien, jetzt die Lombardei genannt, mit fetten Wei¬
den, fruchtbaren Feldern, mit Obst- und Weingärten und vielen reichen Städten,
kam nun in die Gewalt der Cimbern. Die genossen das schöne Land nach
Herzenslust, vergaßen aber darüber, die erste Bestürzung der Römer zu benutzen
und auf ihre Hauptstadt loszugehen. Da hatten diese Zeit, sich zu sammeln
und den Marius, der indeß die Teutonen besiegt hatte, aus Frankreich herbei
zu rufen. Er kam, vereinigte sich mit dem Catulus und rückte gegen die Cim¬
bern heran. Sein Heer, des ersten Sieges froh, hatte nun schon die Zuversicht,
mit der zweiten Hälfte der Feinde auch wohl fertig zu werden.
In einer großen Ebene am Po-Flusse, zwischen Vercellä und Verona, welche
die Cimbern mit den Römern, wie zu einem Zweikampfe, zum Wahlplatze ver¬
abredet hatten, kam es zur Schlacht. Es war ein heißer Tag im Monat Juli.
Die Hitze lastete schwer auf den Cimbern, denn diese zu ertragen waren sie nicht
gewohnt; der Schweiß ermattete ihre vollsaftigen Körper, während die Römer,
im heißen Italien aufgewachsen, gar nicht davon litten. Auch hatte sich Marius
so gewendet, daß den Cimbern die Sonne und der Staub die Augen verdunkel¬
ten, und in dem schrecklichen Handgemenge hatten die Römer durch ihre kurzen
breiten Schwerter ebenfalls großen Vortheil. So half den Cimbern an diesem
Tage ihre Tapferkeit und große Menge nichts; auch nicht, daß die vorderste Reihe
sich mit Ketten und Stricken an den Gürtel fest zusammen gebunden hatte, um
nicht zu weichen. Sie wurden doch überwältigt und niedergehauen, und lagen
nun alle wie an einer Schnur dahingestreckt. Die Flüchtigen wendeten sich nach
dem Lager zurück und die Römer verfolgten sie; da sahen sie, wie die Weiber
der Cimbern in Verzweiflung viele der Fliehenden, dann ihre Kinder, und end¬
lich sich selbst tödteten. Auch viele der Männer gaben sich selbst den Tod, um
nicht die Knechte ihrer Feinde zu werden, und es sollen ihrer im Ganzen über
Hunderttausend an diesem Tage gefallen sein. Doch wurden auch noch 60,000
gefangen.
So endigte der gefährliche cimbrifche Krieg und die Römer nannten in ihrer
Freude den Marius einen Retter des Vaterlandes, der ihre Stadt so gut wie
von neuem erbauet habe. — Die Schlacht am Po war im Jahre 101 vor
Chr. Geb.