Full text: Kurze Darstellung der deutschen Geschichte

ÄOO III. Zeitr. Die neuere Zeit. Von der Reformation bis jetzt. 
Die Gefahren des Februars. — Nach dieser Schlacht glaubten die 
Verbündeten, es werde nun leicht sein, die Hauptstadt selbst im raschen Laufe zu 
erreichen; und wenn sie diese inne hatten, so war die Hauptsache gethan, denn Paris 
gilt den Franzosen so viel als ihr ganzes Reich. Besonders eilte Blücher, der 
sich vom großen Heere wieder getrennt hatte, zuerst das Ziel zu erreichen. Allein 
darauf hatte Napoleon nur gewartet, daß sie sich trennen sollten; plötzlich, da 
Blücher einen Angriff nicht für möglich hielt, weil unergründliche Wege eine 
Flanke deckten, erschien er an der uuverwahrten Stelle, schlug den russischen 
General Sacken, der voran zog, bei Mont mir ail, und als Blücher mit der 
Kleistschen Heerschaar zu Hülfe kommen wollte, griff er auch ihn mit Uebermacht 
an. Plötzlich sah sich der kleine, nur 20,000 Mann starke, Haufen von allen 
Seiten umringt, ja sogar im Rücken die Heerstraße von Reiterei besetzt. Da 
war einzig in der deutschen Kaltblütigkeit dem französischen Ungestüm gegenüber 
Rettung zu finden, und sowohl der alte Feldherr, als sein kleines Heer, haben 
an diesem Tage jene Tugend auf das herrlichste bewährt; sie haben sich nicht 
einen Augenblick irre machen lassen, sind immer in dichtgeschloffenen Reihen fort¬ 
gezogen, obgleich sie beständig die heftigsten Anfälle abzuwehren hatten, und sind 
endlich am Abend, freilich nach hartem Verluste von beinahe 5000 tapfern Krie¬ 
gern, in die alte Stellung bei Bergöres zurückgekehrt. Napoleon frohlockte laut, 
ließ die den Russen abgenommenen Kanonen und Gefangenen im Triumphe durch 
die Straßen von Paris führen und fiel nun mit derselben Geschwindigkeit auch 
die vorgerückten Haufen des großes Heeres an. Das härteste Gefecht war bei 
dem Städtchen Montereau gegen den tapfern Kronprinzen von Württemberg, 
der sich nach muthiger Gegenwehr zurückziehen mußte. Paris war für diesesmal 
noch gerettet, und Napoleons Stolz so gestiegen, daß er alle Friedensbedingun¬ 
gen, die ihm von neuem angeboten wurden, verwarf, indem er ausrief: „Ich 
sollte Holland und Italien abtreten? Was denken die Verbündeten? Ich bin 
näher bei Wien, als sie bei Paris!" — Dieses stolze Wort sollte aber bald 
zu Schanden werden. 
Die Schlacht bei Laon, 9. und 10. März. — Nachdem die 
Verbündeten sich wieder verstärkt hatten, verfolgten sie den alten Kriegsplan; 
Blücher trennte sich wieder von dem großen Heere und zog an der Monte hin; 
dann wandte er sich nach Norden und vereinigte sich mit Bülow, der von den 
Niederlanden her kam. Als Napoleon ihm folgte, nahm er eine feste Stellung 
bei Laon. Hier wurde er von Napoleon mit der größten Heftigkeit angegrif¬ 
fen, aber er stand fest auf seinem Platze, ja am Abend spät überfielen die 
Preußen unter den Prinzen Wilhelm plötzlich den rechten Flügel der Franzosen 
mit so glücklichem Erfolge, daß die Regimenter in Schrecken auseinander flohen 
und 46 Kanonen in den Händen der Sieger ließen. Sv zog Napoleon unrühm¬ 
lich ab und Blücher folgte ihm bald, um ihn immer enger zwischen seinem und 
dem großen Heere zusammen zu drängen. 
Der Zug gegen Paris. — Napoleon hatte jetzt einen ganz neuen 
und außerordentlichen Plan entworfen, von welchem er sich die Rettung Frank¬ 
reichs versprach. Er wandte sich plötzlich wieder gegen das Schwarzenbergische 
Heer, machte am 20. März einen Scheinangriff bei Arcis an der Aube und 
zog dann rasch vorüber nach Lothringen dem Rheine zu. Er hoffte, die Ver¬ 
bündeten würden in Angst gerathen, daß er ihre Verbindung mit Deutschland 
abschnitte, und selbst den Rückzug antreten; und dann sollte das Volk in den
	        
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