Armin. 9 nach Chr. Geb. *3
genden zu locken, mußte ein entferntes Volk einen Aufftand erregen. Varus brach
gegen dasselbe auf. Die verbündeten Fürsten entfernten sich, zogen ihre schon
bereit gehaltenen Haufen zusammen, verabredeten den Angriff, und als die Römer
mitten in den Wildnissen des Teutoburger Waldes waren — das war
ein großer Wald in den Gegenden nach der Weser zu, von Paderborn über
Detmold nach Herford und Minden hin —, so brachen die Deutschen von allen
Seiten auf sie los.
Die Römer dachten an keinen Angriff; ohne Ordnung, mit vielem Gepäck,
sogar mit einem Haufen von Frauen und Kindern, zogen sie in dem rauhen
Waldgebirge daher. Der Sturmwind brauste in den hohen Gipfeln der Eichen
und der Boden war von vielem Regen ganz durchweicht. Die meisten mochten
sich wohl in ihrem Herzen weit weg aus diesen Wildnissen wünschen. Da kamen
plötzlich aus dem Dickicht des Waldes, von allen Höhen und aus allen Schluchten,
die Schaaren der Deutschen, die solche Wege und solches Wetter gewohnt waren,
hervor und schleuderten ihre scharfen Wurfspeere gegen die erschrockenen Römer.
Diese ordneten sich, so gut sie in den unwegsamen Gegenden konnten, nahmen
das Gepäck und den Troß in die Mitte und vertheidigten sich. Aber die Sehnen
der Bogen waren vom Regen erschlafft, die übrigen Waffen auch größtenteils
verdorben; auf dem schlüpfrigen Boden konnten sie in ihren schweren Harnischen
keinen festen Fuß fassen und den Deutschen überhaupt wenig Schaden zufügen.
Viele von ihnen sanken ermattet und verwundet zu Boden.
Am Abend endlich gelang es ihnen, einen Platz zum Lager zu finden und
sich zu verschanzen, so daß sie doch einige Stunden ausruhen konnten. Am an¬
dern Morgen aber mußten sie weiter; ihre einzige Hoffnung war, sich bis zu
ihren festen Plätzen, wo noch Besatzung lag, und so weiter bis an den Rhein,
durchzuschlagen; und wirklich kamen sie auch in eine etwas freiere, ebnere Gegend,
wo sie geschlossene Reihen bilden und die Angriffe der Deutschen besser abwehren
konnten. Allein das dauerte nicht lange; bald ging ihr Weg wieder in den
schrecklichen Wald. Nun griffen die Deutschen mit neuer Wuth an, erschlugen
eine Menge und jubelten laut, daß der Römerhaufe immer kleiner und kleiner
wurde. Noch einmal versuchten diese, ein Lager aufzuschlagen und Wall und Graben
auszuwerfen; allem die Deutschen ließen ihnen nicht Zeit dazu. Mit verdoppelter
Anstrengung und hellem Schlachtgesange stürmten sie von allen Seiten heran;
ber Feldherr Varus verlor gänzlich den Muth und stürzte sich, nachdem er schon
mehrere Wunden empfangen hatte, selbst in sein Schwert; viele der Anführer des¬
gleichen; keiner widerstand mehr; die Deutschen hatten nichts weiter zu thun, als
die Ermatteten und Fliehenden niederzumachen oder gefangen zu nehmen. Nur
einigen Reiterhaufen gelang es, in der Dunkelheit der Nacht zu entkommen und
durch glückliche Umstände begünstigt zu den feften Plätzen zu entfliehen, wo sie
ihren Landsleuten die traurige Botschaft von dem Untergänge des Varus mit
feinem ganzen Heere verkündigten.
Die Deutschen feierten unterdeß große Freudenfeste, dankten ihren Göttern
und vertheilten die reiche Beute und die Gefangenen unter sich. Unter diesen war
eine Menge junger, vornehmer Römer, die in allem Ueberfluß und in Weichlichkeit
ausgewachsen waren und in ihrem Stolz schon geglaubt hatten, daß sie die Herren
der Welt wären; nun mußten sie in den rauhen deutschen Wäldern traurig ihr
Leben hinbringen, indem sie die niedrigsten Knechtsdienste verrichteten, das Vieh
hüteten und vor den Thüren derer standen, die sie früher verächtlich Barbaren
genannt hatten.