86 n, Zeitr. Das Mittelalter. Von 768 bis 1517.
halte über die Plündernden her, trieb sie in die Flucht und brachte auch die übri¬
gen Haufen Konrads in Unordnung. Alles floh; der junge Fürst wurde mit
seinem Freunde gefangen, als sie schon die Küste erreicht und eben ein Schiff be¬
stiegen hatten. Der französische Räuber war so grausam und schamlos, daß er
beide edle Jünglinge zu Neapel auf öffentlichem Markte gleich Verbrechern ent¬
haupten ließ. Es war ein trauriger Anblick, als die blühenden Jünglinge durch
Henkershand sterben mußten und Konradin noch den Schmerz hatte, der letzte zu
sein und das Beil auf seines theuern Freundes Nacken fallen zu sehen. Sie star¬
ben beide mit Heldenmuth.
Mit Konradin ging das große hohenstaufische Geschlecht zu Grunde! Das
hatte Kaiser Friedrich I. nicht geahnet, als er seinen Sohn Heinrich mit der Erbin
von Neapel und Sicilien vermählte.
46. Schilderung des Mittelalters.
1. Der Ritt er st and. — In der Zeit des Interregnums war das
Faustrecht, wovon schon oft die Rede gewesen ist, in vollem Gange, weil
alle Furcht vor dem obersten Richter, dem Kaiser, verschwunden war. Da war
kein Fleck in Deutschland, wo man nicht den Klang der Waffen hörte. Jeder
Ritter hatte feine feste Burg. Offne Wohnungen, wie wir jetzt bewohnen, waren
außer den Städten, welche selbst alle Festungen waren, und den Hütten der
gemeinen Landleute, gar nicht zu finden. Wenn der Ritter sich eine Wohnung
bauen wollte, so wählte er den Platz dazu auf dem steilsten Berge oder Felsen,
den er auf feinem Grund und Boden finden konnte. Rund herum zog er einen
Graben mit Zugbrücken, und je dicker er die Mauern machen, je mehr Waffen-
thürrne er in denselben anlegen konnte, desto besser. Enge und steile Pfade
führten zu der Burg hinaus, die nur für Fußgänger und die an steiles Berg¬
klimmen gewöhnten Pferde gangbar waren; und da oben wohnte nun der Ritter
mit Frau und Kind und so viel Knechten und Pferden, als er unterhalten konnte.
Seinen Unterhalt zog er von feinen Gutsunterthanen, die entweder ganz leibeigen
waren und nur so viel von dem Ertrage des Landes, das sie bauten, behielten,
als zn ihrer Noth durft erforderlich war, oder halb Freie, die dem Gutsherrn
nur zu gewissen Diensten und gewiffem Zins pflichtig waren. — War er nun
ein ehrenwerther und rechtlicher Ritter, so ließ er sich an diesem feinem Einkommen
genügen, verzehrte, was er mit Recht empfing, und brachte feine Zeit hin mit
der Verwaltung feines Hauswesens und feiner Güter, mit Waffenübungen, Jagd,
Festgelagen und dem Herumziehen zu den Waffenfpielen oder Turnieren, zu
denen er geladen war. Gab es aber eine ernstliche Fehde, in der er selbst mit
Feinden zu thun hatte, oder einem Freunde zu Hülfe ziehen mußte, so war nun
der Tag gekommen, ivo er den Lohn für so viele angewandte Mühe in Erler¬
nung der Waffenkunst einernten konnte. Mit Helm und Panzer bewaffnet, so
daß er vom Kopf bis zu den Füßen in Eisen gehüllt war, das Breite Schlacht-
schwert an der Seite, am linken Arm den Schild, in der Rechten die lange,
schwere Lanze, zog der Ritter auf dem großen Streitrofse aus; hinter ihm die
leichter geiuaffneten Reisigen. Fnßkümpfer waren selten und wenig geachtet;
sie wurden nur von den Städten, und bei größeren Kriegen zwischen eigentlichen
Landesherren, Herzogen, Grafen u. s. w., die mit Taufenden gegen einander
zu Felde zogen, gebraucht. Der Ritter mit feinem Gefolge kämpfte zu Pferde;