Friedrich Wilhelm L, König in Preußen. 67
Von seiner königlichen Machtvollkommenheit hatte Friedrich Wilhelm einen
boben Begriff; er verlangte unbedingten Gehorsam, augenblicklich uttb ohne
Widerrede ' kaifonmt’ er nicht," ist feine Antwort auf unberufene Einrede,
,md nicht selten ertheilte er mit Stockfchlige» einen noch handgreifücheren Be-
scheid Aber dabei hatte er stets das Wohl seines Volkes nn Auge und be¬
trachtete sich allewege als einen Di'ener Gottes, der nur seines Staates wegen
lebte Deshalb scheute er auch keine Beschwerden, wo es galt, seine Herrscher-
pflichten nt erfüllen. Einen gleichen Amtseifer verlangte er aber auch von
seinen Untergebenen und ermahnte die Lässigen mit dem Bambusrohr an thre
Berufsgeschäfte, wie die Scene init dem ^ Thorschreiber m Potsdam deutlich
genug Z,^Sorae für das Soldatenwesen. ' Die Hauptsorge des Königs aber
war die Vermehrung und Vervollkommnung des Heeres; die Soldaten nannte
er seine .lieben blauen Kinder"; die Armee wurde unter chm brs aus bd,OÖU
Mann vermehrt. Eine besondere Vorliebe hatte der König für große Solda¬
ten („lange Kerls"); diese nach und nach zur Leidenschaft gewordene Regung
Friedrich Wilhelms bereitete ihm manchen Verdruß, indem nicht nur m Preu¬
ßen sondern auch im Auslande seine Werber mit List oder Gewalt „lange
Kerls" anwarben, nach deren Anzahl der König zuletzt fast einzig den Werth
eines Regiments beurtheilte. Die meisten derselben hatte das Leibregiment rn
Potsdam aufzuweisen; dieses diente daher auch in jeder Beziehung als Mu¬
ster- dort wurden alle neuen Versuche für die Vervollkommnung der Armee
veranstaltet. Friedrich Wilhelm- führte ein strenges aber leichteres Exercitium
ein; sein Hauptgehilfe in dieser Beziehung war der berühmte Leopold von Des¬
sau, der eigentliche Schöpfer der trefflichen Kriegsausbrldung
des preußischen Heeres. , ^ r
4. Friedrich Wilhelm's landesväterliches Regiment. Ueber ferner
Sorge für das Militairwesen vernachlässigte der König jedoch keine der übri¬
gen wichtigen Pflichten eines gewissenhaften Regenten; vielmehr führte er in
jeder Hinsicht ein wahrhaft landesväterliches Regiment und setzte zur besseren
Regelung der Staatsverwaltung eine obere Staatsbehörde, das General-
Ober-Finanz- Kriegs- und Domainendirectorinm, auch blos
Generaldireetorinm genannt, ein.
Dabei war er nicht minder auf die Hebung des Wohlstandes unter den
Landleuten bedacht und schasste alle unnützen Belästigungen derselben ab: „Ich
will nicht, daß die Herren Rathe in den Provinzen mit meiner Bauern Pferde
spazieren fahren", schrieb er einst an einen derselben. — Um die durch die Pest
entvölkerten Gegenden Ostpreußens wieder zur Blüthe zu bringen, zog er unter
den günstigsten Bedingungen die wegen ihres ev. Glaubens verfolgten Salz¬
burger in sein Land (15000 an der Zahl), die sich in Litthauen, um Memel,
Tilsit, Gumbinnen ansiedelten.
Damit das Geld im Lande bleibe und um die einheimischen Gewerbe zu
fördern, mußten nach des Königs Befehl alle Bedürfnisse des Heeres aus in¬
ländischen Waaren gefertigt werden; bald mußte auch der Privatmann sich
dieser Verordnung fügen. Auch der Gerechtigkeitspflege widmete er seine Auf¬
merksamkeit; ebenso war er auf Verschönerung der Städte bedacht („Der Kerl
hat Geld, muß bauen").
Jnsonders lag dem frommen Fürsten die Kirche und die Volksbildung