Full text: Die Weltgeschichte in Biographien und Skizzen

Die alten Aegypter. — Die Bauwerke der alten Aegypter. 3 
Der Glaube an die Fortdauer des Menschen nach dem Tode war 
allgemein. Die Wohnungen der Lebendigen nannten die Aegypter Herbergen, 
well wir nur eine kurze Zeit in denselben wohnen. Die Gräber der Ver¬ 
storbenen aber nannten sie ewige Häuser, weil die Todten in der Unter¬ 
welt eine grenzenlose Zeit zubringen. Man glaubte nämlich, daß die Seele 
sich nicht sogleich nach dem Tode von ihrem Körper trenne, sondern so lange 
in demselben lebe, als er vollständig erhalten würde. Auf die Erbauung 
der Häuser verwandten sie deshalb nur geringe Mühe; die Gräber aber 
wurden aus außerordentliche Weise ausgestattet. Auf die Einbalsamirung 
der Leichen verwandten die Aegypter einen so großen Fleiß, daß viele der¬ 
selben, unter dem Namen „Mumien" bekannt, sich bis auf den heutigen 
Tag erhalten haben und aller Verwesung zu trotzen scheinen. Es geschah 
die Zubereitung der Leichen, nachdem die Verwandten es mehr oder minder 
kostbar verlangten, entweder durch bloßes Einlegen in Natrum, oder der 
Leib wurde außerdem noch mit köstlichen Specereien ausgefüllt. Hierauf 
wurde die Leiche mit feinen Zeugen bewickelt und mit Gummi überstrichen, 
dann mit einer aus zusammengeleimtem Kattun und einem Gypsüberzug 
bestehenden Maske umgeben. Darauf wurde das Gesicht des Verstorbenen 
gemalt und der übrige Leib mit bedeutsamen Hieroglyphen versehen. So 
umhüllt, kam die Mumie in einen mit Schnitzwerk verzierten, zum Auf¬ 
rechtstellen eingerichteten Sarg. 
Das Todtengericht und die Gräber. Vor der Bestattung der Leiche 
aber wurde ein 'förmliches Todtengericht gehalten, wo die versammelten 
Richter auftreten und dem Verstorbenen durch Beweise, daß er schlecht ge¬ 
lebt, die Ehre des herkömmlichen Begräbnisses streitig machen konnten. Trat 
aber niemand auf, oder wurde der Kläger, wofür er in schwere Strafe 
verfiel, der Verläumdung überwiesen, so hielten die Verwandten eine Lob¬ 
rede und bestatteten den Todten auf herkömmliche Weise. Die Gräber, 
große unterirdische Gewölbe, befanden sich am Fuße der westlichen Gebirgs¬ 
kette, deren natürliche Felsenhöhlen dazu benutzt und durch künstlich ern- 
gehauene vermehrt wurden. Jede ägyptische Stadt bedurfte nach dem 
Verhältnisse ihrer Größe eine Reihe solcher Grabgewölbe. An diese großen 
Todtenstädte reihte sich die Vorstellung vonMem großen unterirdischen Todten- 
reiche, in welchem wiederum Osiris und Isis als Gebieter der Todten herrschen. 
2. Die Kanmerke der allen Aegypter. 
1. Die Obelisken. Weltberühmt 
sind die ungeheuern Baudenkmäler der 
Aegypter. Es gehören dahin die Obe¬ 
lisken (d. i. Spitzsäulen), die einfachsten 
Werke der ägyptischen Baukunst, vier¬ 
eckige, glattpolirte Granitsäulen, die 
wie schlanke Thürme in die Luft ragen. 
Sie wurden zur Ehre der Götter er¬ 
richtet oder zu'Zierden der Tempel 
und heiligen Plätze bestimmt, an deren 
Eingänge sie sich befanden. Ihre Höhe 
beträgt 15 bis 55 Meter und ihre 
untere Breite 1V2 bis 8 Meter ins 
Gevierte. Die Obelisken bestehen aus
	        
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