Contents: Geschichtsbilder aus der allgemeinen und vaterländischen Geschichte

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Knechte hinterlistig überfallen und erschlagen. Auf die Nachricht von dem 
Überfall schlägt der wilde Hagen Etzels und Kriemhilds Söhnchen das 
Haupt ab. In dem nun ausbrechenden Morden läßt Kriemhild schließlich 
den Saal anzünden. Nur mit größter Mühe retten die Burgunder ihr 
Leben. In den letzten Kämpfen fallen die Burgunderkönige bis auf Günther. 
Auch Rüdiger besiegelt seine Treue mit seinem Herzblut; er fällt im Kampfe 
gegen die ihm befreundeten Burgunder. Als auch die Mannen Dietrichs 
von Bern, der sich bei Etzel aufhält, für Kriemhild kämpfend gefallen sind, 
bleibt nur noch Hagen und Günther übrig. Beide überwindet schließlich Dietrich 
von Bern, bringt sie vor die Königin und bittet um Schonung ihres Lebens. 
Kriemhild verspricht Hagen das Leben, wenn er die Stelle, wo der Nibe¬ 
lungenschatz liege, verrate. Er weigert die Auskunft, solange noch einer seiner 
Könige lebe. Da läßt Kriemhild ihrem Bruder Günther das Haupt ab- 
schlagen. Aber Hägens Mund bleibt stumm. Mit Siegfrieds Schwert schlägt 
sie selbst dem Recken das Haupt ab. Diese That bringt den alten Hilde¬ 
brand, Dietrichs Waffenmeister, derart auf, daß er Kriemhilde ersticht. 
Zwei Dämonen, „Gold und Rache", haben aus dem edlen, schönen Weibe 
eine „Teufelin" gemacht. 
Das Heldenlied endet mit den Worten: 
Da ward der Helden Herrlichkeit hingelegt im Tod, 
Die Leute hatten alle Jammer und Not. 
Mit Leide war beendet des Königs hohes Fest, 
Wie Liebe immer Leide am Ende gerne läßt. 
Die Nebensonne des Nibelungenliedes ist das Gudrunlied. Es 
ist die schönste Verherrlichung der Frauentreue. 
Gudrun war die Tochter des Hegelingen-(Friesen-)Königs Hettel 
und der irländischen Königstochter Hilde. Sie wuchs als Wunder der 
Schönheit und Sittigkeit heran. Viele Fürsten warben um ihre Hand. Ihr 
Herz wählte den König Herwig von Seeland. Darob ergrimmte der Nor¬ 
mannenkönig Ludwig, dessen Sohn Hartmut von ihr verschmäht worden 
war. Er überfiel Hettels wehrlose Burg und entführte Gudrun mit vielen 
Frauen und Schätzen auf seinen Schiffen. Hilde sandte ihrem Gatten eilig 
Botschaft. Hettel verfolgte die flüchtigen Räuber und zwang sie zu einem 
furchtbaren Kampfe auf dem Wülpensande. Aber mit vielen seiner Mannen 
siel er im Heldenkampfe durch Ludwigs Hand. Sein riesenstarker Held 
Wate mit dem ellenbreiten Barte zündete zwar nach dem Untergänge der 
Sonne ein helles Abendrot auf den Helmen und Harnischen der Feinde 
an und mähete gewaltig unter ihnen, aber das Schicksal des Tages konnte 
er nicht wenden. In der Nacht entflohen die Räuber mit ihrer Beute. 
Die Hegelingen aber waren zu schwach, um sie ihnen abjagen zu 
können. Traurig kehrten sie heim. Der Königin Hilde aber gelobten 
sie, Rache an den Feinden zu nehmen, wenn die jungen Helden heran¬ 
gewachsen sein würden. 
Zwölf Jahre vergingen, ehe Gudruns Bruder Ortwin den Rachezug 
unternehmen konnte. In der Zeit hatte Gudrun das traurigste Geschick 
erduldet. Zuerst wollte man sie mit Güte bereden, Hartmut ihre Hand 
zur Ehe zu reichen. Sie aber sprach: „Ich bin Herwigs Braut; nur der 
Tod kann mich von ihm trennen. Wie könnte ich einen andern minnen 
und ohne Treue leben?" Im Zorn ergriff sie Ludwig bei ihren gelben 
Zöpfen und schleuderte sie ins Meer. Hartmut aber rettete sie aus den 
Fluten. Als wahre Teufelin quälte die böse Königin Gerlinde mit guten
	        
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