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Griechische Geschichte.
übertrugen, gehörten neben Alkibiabes Theramenes unb Kritias (f. u.).
— Dem gegenüber beftanb allerbings eine Partei, welche bie Tugenb
unb Sittlichkeit ber Väter zu retten suchte; leiber fiel ihr ber Mann
zum Opfer, ber mehr als ein cmberer ber subjektiven Skepsis gegen¬
über ben Glauben an bie objektive Wahrheit, bie man burch Er¬
forschung ber Begriffe erkenne, unb bem subjektiven Belieben gegen-
über ben unerschütterlichen Glauben an bie sittliche Pflicht vertrat:
Sokrates Sokrates, bes Bilbhauers Sophroniskos Sohn, auch er anfangs
Bilbhauer, ber von einer inneren Stimme (öai(.iönov) zum Philo¬
sophieren, b. h. Aufsuchen ber Wahrheit getrieben würbe; so würbe
er zum Begründer ber Dialektik (Logik) unb ber Ethik, roährenb bie
früheren Philosophen sich vornehmlich mit metaphysischen Forschungen
beschäftigt hatten. Ihn hatte früher schon Aristophanes in ben
399 „Wolken" angegriffen unb verspottet; 399 würbe er, 70 Jahre alt,
anAlägt, baß er bie Jugenb verführe unb nicht an bie Götter bes
Staates glaube, sonbern neue Gottheiten einführe. Da er in seiner
Verteibigungsrebe es verschmähte, bas Mitleid ber Richter anzurufen,
ja bie Forberung ausstellte, man möge ihn als einen Wohlthäter
ber Stabt burch öffentliche Speisung im Prytaneion ehren, so würbe
er zum Tobe verurteilt. Er wies seines Freunbes Kriton Rat zu
fliehen zurück unb trank, ben Gesetzen bes Staates getreu, ben
Giftbecher.
So bricht benn eine Zeit herein, in bcr Griechenlanb national
gespalten ist; in ber bie Staatsgesinnung, bas Jbeal ber griechischen
Aristokratie wie Demokratie, in ber Sitte unb Sittlichkeit mehr unb
mehr bahinschwinben. j Bei bicsem Versall bes nationalen Lebens
gewinnt bas Auslanb Einfluß; zuerst PeMn, bann ber makebonische
Eroberer.
III. Äic Zeit des Verfalls von Hellas 404—338.
A. Die Zeit der spartanischen Hegemonie 404—379.
Die dreißig Tyrannen in Athen 404—403.
§ 59. Wie in ben meisten Stäbten bes früheren athenischen
Bunbes, so war auch in Athen selbst eine oligarchische Regierung
404 eingesetzt worben, bie bretfttq sog. „Tyr^Knen"; unter ihnen
Kritias ragte neben Theramenes Kritias hervor, ein Mann von philo¬
sophischer Bildung, ber auch°als" Dichter genannt wirb, ein tyran¬
nischer Charakter, ber m seiner Herrschsucht vor keiner Gewaftthat
zurückschreckte. Die Dreißig stützten ihre Gewalt burch Aufnahme
einer spartanischen Äef^tzung aus bie Akropolis; sie benutzten sie,