Die Beisetzungen sub dio. Verwüstung. Entdeckung der alten Cömeterien.
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bte christliche Liebe unb Anbacht so oft führte, auch zum sichern Zufluchtsort in ben Betten
ber Verfolgung zu wählen unb bann bahin ben Gottesdienst zu verlegen, ber außerdem itt
ben Urzeiten ber Kirche zu Rom, wie sonst überall, in Privathäusern gefeiert würbe.
Mit betn Siege bes Christentums würben bie Katakomben, an welche sich so viele hei-
lige Erinnerungen ber ältesten Zeiten ber Kirche knüpften, hochverehrte Orte ber Anbacht,
wohin, wie ber heilige Hieronymus erzählt, bie Gläubigen täglich zum frommen Gebet
hinabstiegen. Balb würben sie sogar bas Ziel ber Pilgerzüge, bte aus allen Teilen ber
Welt in bie ewige Stabt strömten, um an ben Gräbern ber Apostelfürsten unb ber unzäh¬
ligen Scharen heiliger Märtyrer, welche in ben Cömeterien Roms ruhten, zu beten.
Im 4. Jahrhunbert hörten bie Katakomben allmählich auf, bte allgemeinen Begräbnis¬
stätten zu sein, unb in ber Mitte bieses Jahrhunberts fanb schon bie Hälfte ber Beerbigungen
nicht mehr hier statt. Die Beisetzungen sub dio nahmen überhanb unb bie Katakomben
erlitten durch bie über ihnen errichteten Basiliken manche Befähigungen, nicht minber burch
ben unverstönbigen Eifer solcher, welche um jeben Preis in ber Nähe ber Märtyrer beerbigt
sein wollten unb zu beren Befriebigung man sich nicht scheute, manches Areosolium zu burch-
brechen, manche Malerei zu zerstören, — ein Vanbalismus, gegen ben Papst Damasus ge¬
grünbete Einsprache erhob.
Daher kommt es, baß man heutzutage in ben Gängen ber Katakomben Inschriften
finbet, bte überirbischen Gräbern angehörten unb bann bei beren Zerstörung in die unter¬
irdischen Räume hinunterfielen. Sie sinb durch ihre Große unb Gestalt leicht von ben
eigentlichen Cometerial-Jnschriften zu unterscheiden.
Mit dem Einfall Alarichs (410) hörte das unterirdische Begräbnis ganz auf, einzelne
seltene Fälle ausgenommen; die Katatomben wurden Sanktuarien der Märtyrer. Dann
folgte die Zeit der Verwüstung und der Beraubung in den Stürmen der Völkerwanderung
und bis ins 8. Jahrhundert. Gerade die Katakomben waren der Gegenstand der besondern
Beutelust der Feinde; denn dort hoffte man Schätze zu finden und durchwühlte die heiligen
Orte, so weit man vermochte. Zwar versuchte Papst Johannes III. (560—573) die Wieder¬
herstellung der unterirdischen Cömeterien. Aber da sich die Campagna immer mehr entvol-
kerte, trugen die Päpste Sorge, die heiligen Leiber der Märtyrer ber Entweihung zu ent¬
ziehen und in die Mauern der Stadt zu bringen. So verfiel mit der ersten Hälfte des
9. Jahrhunderts der Kult dieser Krypten und sie entbehrten fortan aller Restaurationen.
Erst gegen Ende des 16. Jahrhunderts wendete sich die Aufmerksamkeit wieder den
Katakomben zu. Veranlassung dazu gab 1578 das Einstürzen eines Teiles der Straße vor
der Porta Salaria, wodurch die Katakomben der Priscilla entdeckt wurden. „Die Stadt
staunte," schreibt Baronius als Zeitgenosse, „andere unbekannte Städte, Kolonien der
Christen aus der Zeit der Verfolgung, unter ihren Vorstäden verborgen zu finden, und was
wir bei Hieronymus und Prudentius gelesen, das konnte man jetzt mit eigenen Augen
schauen und bewundern." Der eigentliche Entdecker ber altchristlichen Cömeterien ist aber
ber Zeitgenosse bes Baronius, Antonio Bosio aus Malta, Prokurator bes Malteserorbens
zu Rom, nicht mit Unrecht ber Kolumbus ber Katakomben genannt, da er mit ähnlicher
Uneigennützigfeit in der Tat eine längst dagewesene, aber für uns neue Welt entdeckte.
Einen großartigen Aufschwung nahm diese Forschung unter Pius IX., welcher derselben
die lebhafteste Teilnahme zuwandte. Er errichtete eine archäologische Kommission, unter
deren Mitgliedern insbesondere der Jesuit Marchi und dessen Schüler, der rühmlichst be¬
kannte Archäologe Cavaliere de Rossi, zu nennen sind.
Schöppner-König, Charakterbilder. I. 4. Aufl.
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