120 Zweites Hauptstück. Das Mittelalter.
1285-1314] Einheit fest zusammen. Philipp IV. der Schöne von
Frankreich (s. § 64) wendete die Begünstigung der Städte, die
Berufung ihrer Abgeordneten zu den Reichstagen als ein wirksames
Mittel an, um den Einfluß des Adels und der Geistlichkeit ein¬
zuschränken; Papst Clemens V. mußte der Habsucht des Königs
seine Hand leihen zur Aufhebung des in Üppigkeit versunkenen
Tempelordens, dessen letzter Großmeister Jacob von Molay aus
dem Scheiterhaufen endete. Ein Teil von Flandern und Lyon
wurden Frankreich einverleibt. Als mit seinen drei Söhnen
Ludwig X., Philipp V. und Karl IV. der Mannesstamm der
Capetinger erlosch, bestieg aus Grund des salischen Gesetzes, welches
1328-1589] die weibliche Erbfolge ausschloß, das Haus Valois den
französischen Thron mit Philipp VI, der von Graf Hnmbert
1349] von Vienne die Dauphine erwarb. Allein Eduard III. von
England begann unter dem Vorwaude näherer Erbansprüche den
1339-1453] großen englisch-französischen Krieg, zu dem die wahre
Ursache die von Frankreich den Schotten gegen England gewährte
Unterstützung, anderseits die Hülfe, welche die flandrischen Zünfte
unter Jacob van Artevelde bei Eduard gegen Philipp fanden,
1340] gegeben hatte. Bei Sluys an der flandrischen Küste siegte die
englische Flotte, Eduards III. großer Sieg bei Crecy und die
1346] Eroberung von Calais stellten die englische Herrschaft auf dem
Festlande wieder her und als Philipps Sohn Johann sie wieder
1356] zu brechen versuchte, büßte der französische Adel bei Maupertuis
gegen die englischen Bogenschützen unter dem schwarzen Prinzen
zum zweitenmale seinen Waffenruhm, Johann selbst die Freiheit
ein. Der Bauernkrieg der Jacquerie, der Ausstand der Zünste in
Paris und die Zuchtlosigkeit der Söldner zerrütteten das Reich und
1360] im Frieden zu Bretigny mußten Calais, Poitou, Guyeune rc.
1364-80] gänzlich an England abgetreten werden. Erst Karl V. der
Weise vermochte die innere Ordnung wiederherzustellen, seinem
trefflichen Feldherrn Bertrand du Guescliu gelang es sogar
1377—99] nach dem Tode Eduards III., während dessen Enkel Richard II.
durch innere Ausstände beschäftigt und schließlich von seinem Vetter-
Heinrich von Lancaster entthront wurde, die Engländer auf
Calais, Bordeaux und Bayonne zu beschränken; aber mit der Minder-
1380-1422] jährigkeit und dann dem Wahnsinn seines Sohnes Karls VI.
brach über Frankreich eine Zeit des schwersten Unglücks herein.
Zu dem Streit über die Regentschaft zwischen seinen Oheimen, den
Herzögen von Burgund und von Orleans, von denen dieser aus