Full text: Allgemeine Weltgeschichte

Drittes Kapitel. Rom. 65 
reiches ließ die Staatsgewalt in seinen Bekennern Feinde der staat¬ 
lichen Ordnung erblicken; wie Nero, so verhingen Domitian, Hadrian, 
Marc Aurel, Septimius Severus u. a., am schrecklichsten Decius 
(251) und zuletzt noch Diocletian blutige Verfolgungen über die¬ 
selben, aber „das Blm der Märtyrer wurde der Same der Kirche" 
und unwiderstehlich wuchs die Zahl der auf Christi Namen 
Getauften. 
Es war daher eine eben so kluge wie notwendige Politik, als 
(Konstantin sich zum Vorkämpfer des Christentums auswarf. Unter 
dem Zeichen des Kreuzes gewann er vor Rom den Sieg über [312 
Maxentius, der ihn zum Herrn des Abendlandes machte und 
den Christen Duldung brachte, die Besiegung seines Mitkaisers 323 
Licinius bei Chrysopolis war zugleich der Sieg des Christen¬ 
tums über das Heidentum. Denn wie (Konstantin nunmehr das 
von Diocletian begründete Regierungssystem durch eine neue Ein¬ 
teilung des Reiches, die Reform des Steuerwesens, die Trennung 
der Civil- von den Militärämtern und die Errichtung eines Hof¬ 
staates mit ausgebildetem (Zeremoniell vollendete und die Residenz 
aus Rom, dem Hauptsitz der heidnischen und republikanischen 
Erinnerungen, nach Byzanz verlegte, so erhob er auch das Christen¬ 
tum zur Staatsreligion. Aber sobald die Kirche aufgehört hatte 
verfolgt zu werden, wurde sie selbst zur Verfolgerin; das erste 
ökumenische ConcilzuNicäa entschied den von den Alexandrinern [325 
Athanasius und Artus angeregten und beiderseits mit Er¬ 
bitterung geführten Streit über die Natur Christi durch Verdammung 
der artantschen Lehre als häretisch und stellte in dem nicäischen oder 
athanasianischen Glaubensbekenntnis den Kanon des orthodoxen 
Kirchenglaubens fest, der dann vor allen in Hieronymus (st. 420) 
und dem tiefsinnigen Augustin (st. 430) seine Vertreter fand. 
Die verfolgten Arianer aber trugen ihre Lehre zu den Germanen. 
Mit der Gelangung zur Herrschaft begann ferner die Kirche sich auch 
dem Erwerb irdischen Gutes zuzuwenden, einen von den Laien 
gesonderten Klerus und eine gegliederte Hierarchie auszubilden, 
während gleichzeitig mit dem von Antonius und Pachomius 
in Ägypten begründeten Klosterwesen die Ascese, andrerseits in der 
aufkommenden Reliquien- und Heiligenverehrung etn heidnisches 
Element in dieselbe Eingang fand. 
Von (Konstantins des Großen drei lasterhaften Söhnen^ unter 
die der Vater das Reich geteilt hatte, erlangte nach langjährigen 
blutigen Bürgerkriegen (Konstantins die Alleinherrschaft. Selbst 
F l a 1 h e. Weltgeschichte. 2. Aufl.
	        
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