Metadata: Deutsches Lesebuch für die Mittelklassen evangelischer Volksschulen in Elsaß-Lothringen

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Wir wollen den Fürsten des Wasgenwaldes von Gebweiler 
aus besteigen. Eine Stunde entfernt von der Fabrikstadt liegt in 
einem lieblichen Seitentälchen das kleine Dorf Murbach mit den 
stattlichen Ruinen einer Klosterkirche. Dorthin lenken wir zunächst 
insere Schritte. Im 8. Jahrhundert hatte hier der heilige Pirminius 
ein Kloster gegründet. Durch reiche Schenkungen blühte die Abtei 
rasch empor. Doch auch schwere Tage sollten nicht ausbleiben. 
Jin Jahre 923 brachen die Ungarn in das friedliche Tal ein. Sie 
beraubten und schändeten die fromme Stätte und äscherten sie 
schließlich ein. Nach der Sage war ein Teil der Mönche hinauf 
zum Großen Belchen geflohen. Die Ungarn hätten ihnen jedoch nach— 
gesetzt und sieben der Klosterbrüder hoch oben, nahe bei der Spitze des 
Belchens, ermordet. Daher heiße noch heute der Ort das Mordfeld. — 
Nach dem Wegzug der Ungarn wurde alles wieder aufgebaut, und 
das Gotteshaus erstand prachtiger, als es zuvor war. Auch der Besitz 
der Wtei vergrößerte sich noch fortwährend. In ihrer Blütezeit besaß 
sie drei Städte und dreißig Dörfer. Während der großen französischen 
Revolution wurde die Ablei aufgehoben, und die schönen Gebäude 
wurden von aufrührerischen Bauern zerstört. Aus den Überresten 
läßt sich jetzt noch erkennen, welch herrlicher Bau einst hier gestanden hat. 
Gleich hinter Murbach treten wir in einen kühlen Wald von 
Tannen und Buchen, und der Aufstieg zum Belchen beginnt. Nach 
längerem Steigen tut sich eine kleine Waldwiese auf, der Judenhut⸗ 
plan benannt. Vortrefflich mundet uns hier die klare Quelle des 
Schlumberger⸗Brunnens. Auch eine Schutzhütte hat der Vogesenklub 
dort errichtet. Wieder beginnt das Steigen in den Wald hinein. Doch 
allmähl:) ändert sich das Waldbild. Die Tannen werden kürzer und 
sind mit weißgrauen Moosbärten geschmückt. Auch die Buche ist hier 
kein stolzer Baum mehr, sie ist fast strauchartig. Felsen starren empor, 
an denen Farnkräuter hervorsprießen. Endlich hört der Baumwuchs 
ganz auf. Grüne Matten bedecken mit ihrem kurzen Grase und ihren 
würzigen Kräutern die Kuppen des Bergriesen. Fremdartige Blumen, 
die nur in solcher Höhe wachsen, schmücken die Matten. Hier erblicken 
wir eine Melkerhütte, dort weidet eine große Rinderherde, deren 
Geläute zu unserem Ohre dringt. Noch eine Kehre macht der Pfad, 
dann führt er gerade empor zum Belchengipfel mit seinen zwei Kuppen. 
Fast unermeßlich dünkt uns die Aussicht vom Gipfel des Berges. 
Die Berge und Taͤler der Vogesen liegen zunächst in buntem Gewirr 
vor unsern Blicken. Bei längerer Betrachtung aber erkennt man 
deutlich, wie sich der Hauptkamm vom Elsässer Belchen bis zum Reis—
	        
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