Full text: Zeit- und Lebensbilder aus der deutschen und preußischen Geschichte

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Kanäle. Ihre Handelsleute kauften von den Deutschen Vieh, Felle, Pelze, 
Bernstein, Gänsefedern und namentlich lange blonde Frauenhaare, ver¬ 
kauften an sie Kleider, Geräte und Schmucksachen. Auf diese Weise ge¬ 
wann Deutschland allmählich ein anderes Aussehen. Dazu traten viele 
germanische Jünglinge in römische Kriegsdienste und brachten bei ihrer 
Heimkehr manches von römischer Sprache und Sitte mit. Viele lateinische 
Wörter drangen dadurch in die deutsche Sprache ein, wie z. B. Fenster, 
Mauer, Keller, Speicher, Frucht, Wein usw. 
Die Völkerwanderung. 
1. Veranlassung. Die Germanen gehörten mit den Kelten, Römern, Griechen, 
Slawen, Persern und Indern zu der großen Völkerfamilie der Arier, die ursprünglich 
am Schwarzen Meer ein einfaches Hirten- und Nomadenleben führten. Von 
da sind in grauer Vorzeit die Griechen, Römer, Kelten, Germanen und Slawen 
nach Westen gezogen. Die Germanen trieben vorzugsweise Viehzucht und nur 
dürftig Körnerbau. Während der Wanderjahre herrschte bei ihnen Wechselwirtschaft, 
d. h. es ward alljährlich das Ackerland gewechselt. Erst von den Römern lernten 
sie nachmals die ertragreichere Dreifelderwirtschaft, bei der zwischen Winterfrucht 
(Roggen), Sommerfrucht (Hafer und Gerste) und Brache, die als Viehweide be¬ 
nutzt ward, abgewechselt wurde. Da das Land die große Zahl der Bewohner 
nicht ertragen konnte, mußten von Zeit zu Zeit die jüngeren Geschlechter auswandern 
und sich neue Wohnplätze suchen, wie z. B. 113 v. Chr. die Kimbern und Teutonen, 
wie etwa 200 n. Chr. die Goten oder Balten, die von der Ostsee, dem Baltischen 
Meere, nach dem Schwarzen Meere wanderten. Um 375 wurden die Wanderzüge 
der Germanen häufiger, größer und allgemeiner, denn ein neues Volk wanderte aus 
Asien ein. Es waren die tatarischen 
2. Hunnen. Sie waren ein wildes, raub- und goldgieriges Reitervolk 
und zeichneten sich durch ihre kleine Gestalt, durch ihre schmutziggelbe Ge¬ 
sichtsfarbe, sowie durch ihr schwarzes, struppiges Haar aus. Fast nie kamen 
sie von ihren kleinen Pferden herunter, denn auf ihnen aßen und tranken, rat¬ 
schlagten und schliefen sie. Ihre Kleider trugen sie so lange, bis sie ver¬ 
fault vom Leibe fielen. Auf unzähligen Karren folgten ihnen die schmutzigen 
Weiber und Kinder gleich unsern Zigeunern. Alles, was ihnen in den 
Weg kam, verwüsteten und ermordeten sie. Mit furchtbarem Geschrei 
warfen sie sich auf den Feind, bekämpften ihn aus der Ferne mit Pfeilen, 
in der Nähe mit dem Schwerte und einer Schlinge. Zuerst besiegten sie 
die germanischen Völker, die noch zwischen der Wolga und der unteren 
Donau wohnten, nämlich die Alanen, die Ost- und Westgoten. Hierauf 
ließen sie sich in den fruchtbaren Gefilden Ungarns nieder. Nach etwa 
70 Jahren bestieg ein eroberungssüchtiger König ihren Thron. Er hieß 
3. Attila, d. H. Väterchen. Attila nannte sich Gottesgeißel und gab vor, 
das Schwert des Kriegsgottes gefunden zu haben. Sein Hof befand sich 
zwischen der Donau und der Theiß. Obgleich seine Tafel mit geraubtem 
Silber- und Goldgeschirr überladen und mit den köstlichsten Speisen besetzt 
war, blieb er doch einfach. So mildtätig er gegen die Armen war, so er¬ 
barmungslos und grausam war er gegen seine Feinde. Um die Allein¬ 
herrschaft zu erlangen, tötete er seinen Bruder. Hierauf unterwarf er die 
benachbarten Völkerstämme bis hin an die Wolga. Mit einem ungeheueren 
Heere zog er dann die Donau aufwärts nach Gallien, dem heutigen Frank¬ 
reich, und verwüstete alle Länder, durch die er kam; besonders Süddeutsch-
	        
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