Full text: Zeit- und Lebensbilder aus der deutschen und preußischen Geschichte

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voller Rüstung und reichem Schmucke samt seinem Rosse auf einem Scheiter¬ 
haufen verbrannt. Meist teilte den Tod sein treuester Knecht und oft auch 
freiwillig seine Gattin, denn beide gingen dann mit ihm in Walhalla ein. 
Die Asche ward in tönernen Urnen oder Aschenkrügen beigesetzt. Den 
Göttern opferte man vor allem Tiere, Rinder, Schafe, Federvieh und 
namentlich Pferde, in Notzeiten sogar Menschen, meistens Kriegsgefangene 
und Verbrecher. Auf dem Altar verbrannte man nur die Eingeweide, 
sowie Herz, Lunge und Leber, die Sitze des Lebens; das übrige Fleisch 
ward gebraten und von der Opsergesellschaft oder Gilde verzehrt. Mit 
den Schädeln der geopferten Pferde zierte man die Bäume rings um den 
Altar oder die Tür der Halle. 
2. Götter. Ihr oberster Gott war Wodan. Er war eigentlich ein 
Sturmgott. Wie ein kühner Held in der Kampfeswut die feindlichen 
Scharen durchdringt, so durchdringt Wodan im Sturme alles. Hierbei 
sauste das wilde oder wütende Heer, die Menge der abgeschiedenen Helden¬ 
seelen, hinter ihm her, während eine Eule das Herannahen des Zuges 
verkündete. Hieran erinnert uns noch die Sage vom wilden Jäger und 
vom getreuen Eckart. Wodan galt auch als oberster Himmels gott, als 
König des Himmels und der Äsen, der Götter, als Allvater. In langem, 
schneeweißem Barte thronte er in der prachtvollen Himmelsburg Walhalla, 
welche hundert Tore zählte. Wie der Himmel hatte er nur ein Auge. 
Zwei Raben verkündeten ihm alles, was auf der Erde vorging, während 
zwei Wölfe, seine Jagdhunde, zu seinen Füßen Wache hielten. Mit einem 
blauen Mantel, der Luft, einem grauen Wolkenhute (Siegfrieds Tarnkappe), 
einem Speer in der Hand jagte er auf einem grauen achtfüßigen Rosse 
mit seinem Gefolge durch die Luft. In der Zeit der Wintersonnenwende 
hielt er seinen Umzug auf der Erde, woran uns noch der bärtige Knecht 
Ruprecht oder Nikolaus erinnert, der jetzt um Weihnachten den Kindern 
allerhand Geschenke bringt. Wodan war bei den Germanen auch der 
Schlachtengott, der seinen Getreuen den Sieg verleiht. Er sandte die 
Schlachtenjungfrauen oder Walküren (Wal = (Schlacht, küren — wählen) auf 
den Kampfplatz oder die Walstatt, damit sie die tapferen Helden, die Wodan 
für würdig hielt, in sein Gefolge aufzunehmen, auswählten und auf 
schwarzem Rosse zur Walhalla führten. Hier begrüßte Wodan sie, während 
ihnen Iduna einen Apfel reichte, der ewig jung erhielt. Jeden Tag ritt 
Wodan mit ihnen zum blutigen Kampfe vor das Tor. Alle Wunden 
heilten danach im Nu, und ein fröhliches Mahl beschloß die Feier. Treff¬ 
lich ließen sich die Recken den Eberbraten und die Ziegenmilch schmecken, 
Wodan aber genoß nur Wein. Ihm war der Mittwoch geweiht, der 
deshalb noch heute in manchen Gegenden Deutschlands und Englands 
Wodanstag heißt. Das Pferd war ihm besonders angenehm und ward 
deshalb oft geopfert und als kostbarster Leckerbissen verzehrt. 
Wodans Gemahlin war Freia oder Frigga. Sie hielt ebenfalls in den 
heiligen zwölf Nächten ihren Umzug und beschirmte als Göttin der Ehe 
namentlich das häusliche Glück, belohnte die Fleißigen und bestrafte die 
Faulen wie Frau Holle, ihr Abbild in den Märchen. Ihr war der Freitag 
geheiligt. Wodans gewaltigster Sohn war der Donner- und Gewittergott 
Donar. Blies er in seinen roten Bart, so sprühten Blitze heraus. Auf
	        
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