Full text: Leitfaden der brandenburgisch-preussischen und deutschen Geschichte

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eintreffen würden. Dennoch verzagte Werder mit seinen Truppen 
nicht. Trotz der Größe der Gefahr, trotz der grimmigen Kälte, 
unter der die Soldaten furchtbar litten, waren sie entschlossen, zu 
siegen, oder zu sterben. Hier kommt Niemand durch, das war der 
Gedanke, der Alle beseelte. Und es kam Niemand durch. 
Bei Montbeliard entbrannte am 15., 16. und 17. Jan. die 
furchtbare 3tägige Schlacht. Vom frühen Morgen bis zum späten 
Abend stürmten die Franzosen, immer neue Truppen vorschickend, 
gegen die Stellungen der Deutschen; aber diese standen unerschütterlich, 
wie lebendige Mauern, und wiesen alle Angriffe siegreich zurück. 
Endlich zog sich Bonrbaki, das Nutzlose dieser Kämpft einsehend und 
auch wohl von dem Herannahen der Manteusfelfchen Armee unter¬ 
richtet, jeirte von Strapazen, Kälte, Hunger und Wunden erschöpften 
und dezunirten Truppen auf Besanyon zurück. Allein General von 
Manteuffel war trotz Schnee und Eis m Eilmärschen herangerückt. 
Als er erfuhr, daß das Werder'sche Corps alle Angriffe heldenmüthig 
zurückgewiesen habe, beschloß er, dem abziehenden Feinde in die 
flanke zu fallen, uud wenn möglich, den Rückzug zu verlegen. Es 
gelang; nur die französische Cavallerie und 8000 Mann Infanterie 
entkamen nach Lyon. Der Hauptmacht trat General Manteuffel 
bei Pontarlier am 29. Jan. entgegen und warf sie nach leb¬ 
haftem Kampfe mit bedeutenden Verlusten zurück. Am 30. und 
31. Jau. wurden die Kämpfe mit gleichem Erfolge erneuert. Ver¬ 
zweifelt machte General Bourbaki einen Selbstmordversuch, der indeß 
mißlang, und General Clinchant, welcher den Oberbefehl übernahm, 
sah sich gezwungen, mit seiner immer noch 80,000 Mann starken 
Armee in die neutrale Schweiz überzutreten. — Einen herzzerreißen¬ 
den Anblick gewährten nach den schweizerischen Berichten die 
französischen Truppen. Aufgelöst in einzelne Hausen, ohne irgend 
welche Ordnung, zogen sie daher. Niemand dachte ans Befehlen, 
noch weniger ans Gehorchen. Verwundet, zerlumpt, halb erfroren, 
den Leib in Pferdedecken gehüllt, die Füße zum Theil mit Stroh 
umwickelt, so lagen die Unglücklichen zu Tausenden in dem Schnee 
an den Straßen, oder schleppten sich mühsam bis zum nächsten Orte. 
In rühmlichster Weise sorgten die schweizerischen Behörden, von den 
Einwohnern unterstützt, für die Unglücklichen und strengten alle 
Kräfte an, diesem schrecklichen Jammer abzuhelfen. 
So war denn die letzte der französischen Feldarmeen besiegt und 
unschädlich gemacht. 14 Tage daraus, am 16. Febr., ergab sich die 
seit dem 3. Nov. belagerte und aufs Tapferste vertheidigte Festung 
Belfort. Der 12,000 Mann starken Besatzung wurde wegen ihrer 
tapfern Vertheidigung freier Abzug mit militärischen Ehren bewilligt. 
Doch bevor noch dieses Ereigniß eintrat, war »das stolze Paris 
gefallen. 
Die Einnahme von Paris. Nach dem Gefechte von Le Bourget 
am 28. Oct. war General Trochu unausgesetzt bemüht, die
	        
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