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vernommen, hat mir kund gethan, die Unfruchtbarkeit
unserer Fluren werde nur aufhören, wenn du deinen
Sohn Phrixos dem Zeus als Opfer schlachtest." Der
Köuig schenkte den trügerischen Worten des arglistigen
Weibes Glauben, und da die Bewohner seines
Landes ihn drängten, daß er die drohende Hungers¬
not von ihnen abwende, so entschloß er sich, den
eigenen Sohn zu opfern. Der arme Phrixos weinte,
daß er so früh und so grausam sterben sollte, und
seine Schwester Helle weinte mit ihm, und Tag
und Nacht beteten die beiden Kinder zu den Göttern
um Rettung. *"
Da, in der Nacht vor dem Opferfeste, kam der
Gott Hermes zu ihnen, nahm sie freundlich bei der
Hand und führte sie insgeheim aus dem Königspalast.
Draußen stand ein großer, prächtiger Widder, den der
Gott aus dem Olympos mitgebracht hatte. Das
Wundertier konnte durch die Luft fliegen; sein Fell
oder Blies war von lauterem Golde. „Wohlan,"
sprach Hermes zu den Geschwistern, „setzet euch dem
Widder auf den Rücken ; er wird euch in ein Land
tragen, wo ihr vor den Nachstellungen eurer Stief¬
mutter sicher seid." Und der junge Phrixos stieg mutig
auf den goldwolligen Widder und faßte ihn mit der
Hand am Horn; hinter sich nahm er seine Schwester
Helle, und das Mägdlein schlang ihren Arm um den
Bruder. Sogleich stieg das göttliche Tier in die
Höhe, und der wunderbare Luftritt begann, ohne daß
im Dunkel der Nacht eines Menschen Auge die Flucht