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das Alter verjüngen zu können. Als ihr die Mädchen
keinen Glauben schenken wollten, begab sie sich in ein
anderes Gemach, nahm die künstlichen Zeichen des
Alters hinweg und trat dann als schönes, jugendliches
Weib wieder vor die erstaunten Königstöchter. Daß
es Medea war, die vor ihnen stand, konnten sie ja
nicht wissen, da Medea ihnen unbekannt war. Sie
zweifelten daher nicht daran, daß die Verjüngung
wirklich erfolgt wäre, und der alte Pelias selbst
brannte vor Verlangen, durch die Kunst der göttlichen
Fremden wieder ein rüstiger Jüngling zu werden.
Medea versprach, die Verwandlung vornehmen zu
wollen. Sie nahm die drei Königstöchter bei Seite und
sagte heimlich zu ihnen: „Bei alten Männern ist das
Verjüngnngswerk etwas umständlich, und wenn es
gelingen soll, dürft ihr vorher eurem Vater kein Wort
von dem sagen, was wir mit ihm vornehmen werden.
Denn hört: das Alter muß ihm ausgekocht werden."
„Ausgekocht?" schrieen die Jungfrauen. „Ja, ja,"
erwiderte die schlaue Zauberin, „aber erschreckt nicht
allzusehr; ihr sollt mit euren eigenen Augen sehen,
wie alles zugeht, damit ihr jeden Zweifel an dem
Gelingen meines Zauberwerkes fahren lasset. Heute
Nacht, wenn euer. Vater zur Ruhe gegangen, will ich
eine Probe meiner Knust vor euch ablegen."
Am Abend ließ Medea einen alten Widder
herbeischaffen, schlachtete und zerstückte ihn vor den
zuschauenden Mädchen und legte die Stücke in einen
großen Kessel mit kochendem Wasser, in den sie allerlei