Full text: Geschichte von Mainz und Umgegend

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Schriften, die ein glänzender Beweis vielseitiger und gediegener Bil¬ 
dung sind. Wegen seiner Tüchtigkeit wurde Rabanus im Jahre 847 
Erzbischof von Mainz. 
2. Als Erzbischof von Mainz entfaltete Rabanus eine eifrige 
Thätigkeit. Um das kirchliche Leben zu fördern, hielt er mehrere 
Kirchenversammlungen hier ab; auf einer derselben befahl er den 
Priestern, ihre Predigten in deutscher Sprache zu halten. Als im 
Jahre 850 eine große Hungersnot in der Rheingegend war, wurde sein 
damaliger Wohnsitz, Winkel am Rhein, eine Stätte des Trostes für die 
Armen. Mehr als dreihundert derselben fanden sich hier täglich ein 
und erhielten Nahrung, diejenigen nicht gerechnet, die er fortwährend 
in seinem Hause speisen ließ. Im Jahre 856 starb Rabanus, 80 
Jahre alt. Auch die Nachwelt erkannte seine Größe an. Eine schöne 
Straße in der Mainzer Neustadt trägt ihm zu Ehren den Namen 
„Rabauusstraße". 
10. Die Mauseturmsage. 
1. Die über den „Mäuseturm" bei Bingen verbreitete Sage steht in 
enger Beziehung zur Geschichte der Stadt Mainz. Die Lrage erzählt: 
Es war einmal eine große Teuerung im deutschen Lande. Da wohnte 
zu Mainz der Erzbischof Hatto II., ein harter, geiziger Mann. Seine 
Speicher waren mit Korn gefüllt, und die Armen kamen zu ihm und 
baten um Brot. Er aber schalt sie faules Gesindel und gab ihnen 
nichts. Da erbrachen die Hungrigen seine Scheune mit Gewalt und 
stillten ihren Hunger an den rohen Körnern. Hatto ließ die L-cheune 
hinter den Leuten zuschließen und in Brand stecken. Die Leute 
schrieen jämmerlich; Hatto aber spottete: „Hört nur, wie die Mäns- 
lein pfeifen!" Doch bald traf ihn des Himmels Strafe. Die Mäuse, 
welche bisher in der Scheune gehaust hatten, drangen in Scharen in 
seine Wohnung; sie kamen in die Stube, in die Kammer, in sein 
Bett und nirgends wußte er vor ihnen zu bleiben. Da ließ er 
sich bei Bingen, mitten im Rheine, auf einem Felsen einen Turm 
bauen und flüchtete in denselben. Aber die Mäuse schwammen ihm 
nach, erkletterten den Tnrm und fraßen den Bischof bei lebendigem 
Leibe auf. 
2. So verbreitet die Sage ist, so wenig entspricht sie der Wahr¬ 
heit. Der Name Mäuseturm kommt von „Mautturm", was soviel 
als Zollturm bedeutet. Als nämlich die Franken Herren des Rhein¬ 
landes wurden, behielten sie den von den Römern eingeführten 
Rheinzoll, die Maut, d. h. die Abgabe, die jedes den Rhein befahrende 
Schiff entrichten mußte, bei. Später suchten die deutschen Kaiser, 
sowie die geistlichen und weltlichen Fürsten die Rheinzölle für sich 
auszubeuten, und so erhoben sich bald an den Ufern des Rheines 
mächtige Zollburgen, deren Insassen den Auftrag hatten, auf die 
vorübergehenden Schiffe zu achten. Ein solcher Zollturm war auch
	        
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