Full text: Geschichte von Mainz und Umgegend

die Weberinnung, die „Zunft der Kramer und Eisenmenger in Hohen¬ 
berg", die ,,Zunft der Obermetzger", die ,,Schuhmacherzunft zur golde¬ 
nen Lederhose", die ,,Schneiderzuuft zu Kirseneck", die ,,Zunft der 
Schmiede" u. a. m. — Die Zünfte wachten über die Ehrbarkeit der 
Zunftgenoffen, die Güte der Waren, sowie über die Anzahl der Ge¬ 
sellen, die ein Meister halten durfte. So bildete die Zunft eine Art 
Gewerbepolizei. Alle Zunftgenoffen trugen Freud und Leid gemeinsam; 
sie wohnten in einer bestimmten Gaffe. Die Namen Schloffergaffe, 
Seilergaffe, Strickergaffe, Schustergaffe, Fischergaffe, Gärtnergaffe, 
Badergaffe, Färchergüßchen erinnern noch jetzt daran. Die Zunft hatte 
eine Totenbahre, ein Leichentuch, ein Gasthaus, .einen Freudenbecher. 
In einem öffentlichen (Lpielhanse, genannt der,,heiße Stein", wurde 
fleißig mit Würfeln gespielt, während in den Bürgerhäusern das 
„Brettspiel" und ein fcpiel um Essen und Trinken üblich war. Die 
Gesellen einer Zunft hielten unter Vorsitz des „Altgesellen" ebenfalls 
Versammlungen ab. In den Kriegszeiten traten die Zünfte unter die 
Waffen uud verteidigten die Stadtmauer. In Verbindung mit den 
„Geschlechtern" bildeten sie ein einheitliches Bürgerheer, dem die Ge¬ 
schlechter als Reisige oder Reiter, die Zünfte als Fußvolk angehörten. 
Jede Zunft hatte ihr besonderes Wappen, Zelt und Banner, uud stand 
unter dem Befehle des Zunftmeisters; ein Reisiger stand diesem als 
Anführer vor. Läutete die Glocke des Quiutiusturmes Stnrm, dann 
eilte die Bürgerschaft auf den Marktplatz,^ jede Zunft an den Platz, 
wo das Wappen aufgestellt wurde. Die Streiter waren mit Waffen¬ 
rock, Panzer und Eisenhanbe angethan, vor dem Gebrauche der Feuer¬ 
waffen mit Schwert, Schild und Mordaxt bewaffnet, die Schützen da¬ 
gegen mit Armbrust, Köcher und Pfeilen. Um sich für Zeiten des 
Krieges geschickt zu machen, übten sich die Bürger öfters in den Waffen 
und veranstalteten alljährlich das sogenannte „Pfingstschießen". Da 
zogen^ sie hinaus aus den grünen Anger, wo Schau-, Trink-, Tanz- 
und Schießbuden in Menge errichtet waren, Musik erscholl und allerlei 
Lustbarkeiten veranstaltet wurden. Die besten Schützen erhielten Preise 
und wurden als „Schützenkönige" besonders geehrt. Mit der Zeit ent¬ 
standen ans diesen Vereinigungen unsere heutigen Schützenvereine und 
Schützenfeste. 
3. Durch den engen Zusammenschluß der Zunftgenoffen wuchs ihr 
Selbstbewußtsein; sie verlangten Aufnahme in den Stadtrat und 
Teilnahme am Stadtregimente. Die Geschlechter wiesen diese Forde¬ 
rungen anfangs ,,vornehm" zurück, mußten aber doch schließlich nach¬ 
geben. Wie die „Gemeinde" dies durchsetzte, berichtet eine alte 
Chronik. Danach gab eine beträchtliche Geldschuld, in welche die 
Stadt geraten war, den Anstoß zur Neuordnung der Dinge. In 
einem Streit zwischen der Geistlichkeit und der Bürgerschaft wurden 
die Mönche des Jakobsbergs vertrieben, die Mauern des Viktorstifts 
niedergerissen und das Albanskloster nach vorausgegangener Plünderung 
in Brand gesteckt. Zur Strafe kamen die Bürger in die Acht. Diese 
Angelegenheit kostete viel Geld. In der Bedrängnis wandte sich der
	        
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