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mahnte in der Kirchenordnung von 1615 der Erzbischof Schweikard „alle
Pfarrer, Altaristen und Schultheißen", die Jugend zur fleißigen Er¬
lernung des Katechismus anzuhalten. Zur Zeit des dreißigjährigen
Krieges machte fich^ber ehrwürdige Dechant Bartholomäus Holzhäuser
um das Mainzer Schulwesen sehr verdient; derselbe wurde vom Kur¬
fürsten Johann Philipp von Schönborn 1655 nach Mainz berufen.
Er verlangte, daß in den Schulen außer der Religionslehre auch
Lesen und Schreiben gelehrt würde, zugleich sprach er die Erwartung
aus, daß die Pfarrer ihre Pfctrrcmgehörigen für die Schule interessieren
und deren Nutzen und Notwendigkeit der Bevölkerung zum Bewußt¬
sein bringen mögen. Von besonderer Wichtigkeit waren die „Kirchen¬
ordnungen" für die Mainzer Pfarrschulen, die Erzbischof Johann
Philipp im Jahre 1670 erließ. Um das Jahr 1750 bestanden in der
Stadt Mainz „ausschließlich der hohen Domschule" sieben Pfarrei¬
schulen ; es waren dies die Pfarrschulen von Sankt Ignaz, Emmeran,
Christoph, Quintin, Stephan, Liebfrauen und die auf dem Jakobsberge.
29. Schicksale der Sladt Main;
wahrend des dreißigjährigen Krieges.
1. Nachdem Markgraf Albrecht von Brandenburg-Kulmbach unsere
Stadt mit seinen wilden Scharen wieder verlassen hatte, wurde der
Blick von neuem auf die Befestigungswerke gelenkt. Der Kurfürst
Schweikard von Kronenberg ließ verschiedene Teile der Festung neu
herrichten, im Jahre 1620 legte er den Gründ zu der Citadelle
„Schweikardsburg", wie sie damals genannt wurde. Man befürchtete,
daß eine Zeit kommen könne, in welcher mächtige Feinde vor der
Stadt erscheinen würden. Diese Befürchtungen verwirklichten sich nur
zu bald. Kaum waren die Arbeiten im Gange, so schwärmten schon
die verwegenen Söldner Ernst von Mansfelds um die Stadt; auch
spanische Truppen erschienen; ebenso machten die Wallenstein'schen
Werber die Umgegend unsicher. Als die Citadelle vollendet war, fiel
sie in die Hände des Schwedenkönigs Gustav Adolf.
2. Die Nachricht von Gustav Adolfs Rheinübergang und der Er¬
oberung Oppenheims durch die Schweden verbreitete unbeschreiblichen
Schrecken in Mainz. In größter Eile flüchtete sich ein großer Teil
der Bewohner aus der Stadt; die zurückgebliebenen verbesserten die
Verteidigungswerke und bereiteten sich, so gut es ging, zum Widerstände
vor. Am 19. Dezember 1631 erschien Gustav Adolf vor Mainz.
Tags darauf ließ er die Stadt zur Übergabe auffordern; sie wurde
abgelehnt. Nun begann der Angriff, und schon nach drei Tagen mußte
sich Mainz ergeben. Gustav Adolf nahm seinen Sitz in der neu
aufgebauten „Martinsburg". Die Bürgerschaft mußte 80000 Reichs¬
thaler an die Sieger bezahlen. Da es nicht möglich war, diese
Summe sofort herbeizuschaffen, verfiel die Stadt den Siegern nach da-