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Das neue Deutsche Reich und Europa. §§ 253—255.
mit Rußland blieb es zunächst in freundschaftlichem Verhältnis, und der
Friede schien durch den seit 1872 bestehenden Dreikaiserbund auf Jahr¬
zehnte gesichert. Es wäre so gewesen, wenn Rußland nicht allzusehr nach
dem Besitz der Balkanhalbinsel gestrebt hätte: hier war der wunde Punkt
des Bündnisses. Die unsäglich harten Bedingungen, die das Zarenreich
nach dem russisch-türkischen Kriege von 1877—1878 der bezwungenen
Pforte auferlegte, hätten zu einem europäischen Kriege geführt, wenn nicht
auf dem Berliner Kongreß 1878 durch Bismarcks staatsmännisches
Geschick eine Milderung der russischen Forderungen erzielt worden wäre.
Aber nun war Rußland verstimmt darüber, daß ihm Halt geboten worden
war, und es näherte sich Frankreich: da setzte es Fürst Bismarck durch,
1879.daß Kaiser Wilhelm 1879 mit Österreich ein hauptsächlich gegen etwa
beabsichtigte Angriffe Rußlands gerichtetes Schutzbündnis schloß. Das
Liebäugeln Rußlands mit Frankreich, das in nicht allzu würdiger Weise
um die Gunst des großen Slawenreiches buhlte, ward, namentlich seitdem
Alexander III. seinem schmachvoll durch Nihilisten gemordeten Vater 1881
gefolgt war, immer auffälliger, und wenn es auch der unvergleichlichen
Staatskunst Bismarcks gelang, zeitweise wieder ein besseres Verhältnis
zwischen Deutschland und Rußland herzustellen, so wurden doch anderer¬
seits dessen Beziehungen zu Frankreich immer freundschaftlicher (Zwei-
1882.bund). Dagegen hatte sich schon im Zahre 1882 an den immer
enger werdenden Bund Deutschlands und Österreichs Italien ange¬
schlossen: der neue Dreibund, der so entstand, hat immer für die Er¬
haltung des Friedens gewirkt.
§ 254. Deutschland und das übrige Europa. Die Frie¬
densliebe Deutschlands zeigte sich auch in seinem Verhalten den anderen
europäischen Mächten gegenüber. So wenig man von Dänemark, das
noch infolge der Ereignisse des Jahres 1864 verbittert war, freundliches
Entgegenkommen erfuhr, so war Deutschland doch bemüht, die bestehende
Spannung zu heben. Zu der Krone Schweden trat Kaiser Wilhelm
durch die Vermählung seiner Enkelin, der Prinzessin von Baden,
mit dem Thronfolger in verwandtschaftliche Beziehungen; mit Holland,
mit der Schweiz, mit Belgien suchte man freundliches Einvernehmen,
und Spanien und Portugal wie die Hohe Pforte konnten sich der
guten Dienste Deutschlands freuen. Auch mit England zusammen¬
zugehen war es immer bereit, wenn es sich um Wahrung des Friedens
handelte. Freilich die Tage, wo Deutschland den Werbeplatz Englands
bildete, waren vorüber, vorüber auch die Zeiten, wo englischer Hochmut
die deutsche Armut verlachte und mit seinen Hilfsgeldern jeden deutschen
Fürsten sich dienstbar machen zu können glaubte.
§ 255. Deutschlands Stellung und Bestrebungen außerhalb
Europas. Bei der Teilung der außereuropäischen Welt im Zeitalter
der Entdeckungen war Deutschland leer ausgegangen, weil es für die