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§. Z. Sibirien.
und Schneegestöber ihm nicht die Wege verschütten, oder ln den Thä-
lern ihn selbst mit Schnee begraben. Mit Lebensgefahr muß er oft durch
Flüsse waten oder auf einem zerbrechlichen Kahne den reißendsten Fluchen
sein Leben anvertrauen, denn an regelmäßige Landstraßen, Brücken oder
Fahren ist hier nicht zu denken. Zu gewissen Iahrszeiten ist das Reisen
völlig unmöglich und manche Gegenden sind ganz unzugänglich, denn die
unermeßlichen Wälder, tiefen Moräste und rauhen Gebirgen, deren Gipfel
mit Schnee und Eis bedeckt sind und in deren Thälern reißende Berg,
ströme toben, wo wilde Thiere Hausen und selten ein menschliches We-
sen erblickt wird, drohen durch Hunger oder Kälte den Tod. Nichts desto
weniger bietet die Gegend um die größeren bewohnten Oerter, besonders
in den südlichen Gegenden, wo der Boden hin und wieder ungemein
fruchtbar ist, wahrend der kurzen Sommerzeit einen reizenden Anblick
dar. Man sieht hier an den Ufern der Flüste schöne Weiden, Kornfel¬
der und Gärten, angenehme Thäler, in denen die Wärme alle Gewächse
schnell hcrvortreibt und den Boden mit lachendem Grün bekleidet; aber
dies dauert nur eine kurze Zeit; nach 5 bis 4 Monaten stellt sich auch
in S- der Winter schon wieder ein. Man bauet hier noch viel Korn,
so wie die meisten Deutschen Gartcnfrüchte; nurObstbäumc wollen nicht
recht gedeihen. Je weiter man nach N. kommt, desto unfruchtbarer wird
der Boden, desto strenger die Kälte, die nur wenige Wochen hindurch
durch wirkliche Gvmmerwärme unterbrochen wird; Ackerbau hört allmäh-
lig ganz auf und auch die gewöhnlichen Europäischen Hausthiere, die in
S- recht gut gedeihen, kommen in N. gar nicht mehr fort. Auf große
Wälder folgen Moräste, die sich bis ans Eismeer hinziehen und auf de¬
nen nur einige Gesträuche, Zwiebelgewächse und Moose fortkommen.
Fast das ganze Jahr hindurch sind die Moräste mit einer dicken Eisrinde
überzogen und selbst im Julius thauet die Erde selten über einen Fuß
tief auf. — Die E- von Sibirien, deren Zahl gewiß nicht viel über zwei
Millionen beträgt, sind theils eiugewauderte Europäer', theils Einge-
borne. Die Eingcwanderten, an Zahl die meisten, sind Aussen und
Deutsche, und sie sind fast die Einzigen, welche sich mit Ackerbau, Berg¬
bau und Handwerken beschäftigen; viele unter ihnen sind Verbrecher,
die zur Strafe hierher verwiesen sind und zum Theil harte Arbeiten ver¬
richten müssen. Die Eingebornen sind zu den eben genannten Geschäf¬
ten zu träge und finden es leichter sich durch Viehzucht, Jagd, Fische¬
rei, Vogelfang und Einsammeln wilder Früchte und Beeren zu er¬
nähren. Eine vorzügliche Beschäftigung ist der Fang und das Erlegen
von wilden Thieren, mit deren Fellen sie ihren Tribut an die Russische
Regierung zahlen oder Handel treiben, und solcher Thiere, als Bären,
Luchse, Füchse, Marder, Zobel, Hermeline, Eichhörnchen, Seeottern und
Hasen, giebt es hier viele. Die Russische Regierung hat hier Bergwerke,
welche zum Theil starke Ausbeute (Gewinn) geben könnten, wenn nicht
die geringe Bevölkerung und in manchen Gegenden Mangel an Holz die