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38. Der Distelfink.
Als der liebe Gott die Vöglein machte, da gab er ihnen
Beine zum Hüpfen und Flügel zum Fliegen und Schnäbel zum
Fressen, aber auch zum Singen. Und als sie alle fertig waͤren
und um ihn her standen, da nahm er einen großen Farben—
kasten und malte ihnen bunte Federn. Die Taube erhielt einen
blauen Hals und rötliche Flügel; der Kanarienvogel wurde so
gelb wie eine Zitrone; die Bachstelze wurde grau und bekam
einen schwarzen Strich und einen weißen Fleck daneben. Alle
Vögel wurden prächtig gefärbt, wie es sich für jeden schickt.
Nur einer war übrig geblieben, weil er hinter den andern
stand und sich nicht vordrängen wollte, das war der Distelfink.
Der liebe Gott aber hatte alle Farben ver—
braucht, und es war nichts mehr übrig
als die leeren Schälchen. Da weinte das
arme Vögelein, daß es nicht auch ein so
buntes Federkleid haben sollte wie die
andern. Der liebe Gott aber sprach: „Sei
ruhig; es ist in jedem Schälchen ein klein
wenig Farbe zurückgeblieben, die will ich
auf deine Federn streichen.“ Und er machte
den Distelfink ein bißchen rot und ein
bißchen blau und ein bißchen schwarz und ein bißchen gelb, aus
allen Schälchen ein wenig, so daß er der bunteste unter allen
Vögeln wurde und dem lieben Gott dankte, daß er ihn so schön
gemacht hatte. Curtman.
39. Die Maus.
Hund und Katze hat der Mensch zu sich ins Haus ge—
nommen, das Mäuschen aber hat sich ohne Einladung von selber
eingefunden. Es wäre auch eine ganz niedliche Gesellschafterin,
wenn es nur nicht den langen, kahlen Ringelschwanz hätte und
nicht gar soviel an Butter, Käse, Speck, Kuchen und Brot
herumnaschte. Kleine Mädchen fürchten sich freilich vor einem
Mäuschen oft mehr als vor einem Löwen. Aber das Mäuschen
thut keinem Menschen etwas zuleide und ist noch furchtsamer
als ein Hase. Ein leiser Tritt auf den Fußboden erschreckt es
so heftig, daß es die schönsten Leckerbissen liegen läßt und über
Hals und Kopf seinem Loche zueilt.