14 Pisistratus in Athen. Hippias.
Herrschsucht abzubringen. Bald darauf starb Solon. Aber den Häuptern
der anderen Parteien, besonders Msgakles, gelang es zweimal, Pisistratus
538. aus der Stadt zu vertreiben. Erst beim dritten Versuch schlug dieser seinen
528. Gegner vollständig in die Flucht, herrschte bis zu seinem Tode in Athen mit
großer Mäßigung und bemühte sich, die geistige Bildung der Stadt zu för¬
dern. Er hinterließ die Herrschaft seinen beiden Söhnen Hippias und
Hipparch, welche in dem milden Sinne ihres Vaters regierten, einen Kreis
von berühmten Dichtern um sich versammelten und durch Freigebigkeit und
äußeren Glanz sich auszeichneten. Als aber der lüsterne Hipparch von
Harmodius und Aristogiton aus Privatrache ermordet worden war, wurde
die Herrschaft des Hippias hart und grausam, und aus Furcht vor einer Um¬
wälzung knüpfte er Verbindungen mit dem Auslande an. Da er zugleich,
um seine fremden Söldner zu bezahlen, das Volk durch Erpressungen drückte,
gelang es den verbannten Alkmäoniden leicht, Hippias zu stürzen und zur
511. Flucht zu nöthigen. Er begab sich nach Kleinasien und später an den per¬
sischen Hof zu Darius, den er zu einem Zuge gegen Athen aufreizte.
Nun waren die Alkmäoniden und ihr Haupt Klisthenes, dessen demo¬
kratische Richtung schon erwähnt worden ist, die herrschende Partei zu Athen.
Zwar wurde Klisthenes von der aristokratischen Partei des Jsagoras mit
Hilfe des spartanischen Königs Kleomenes aus Athen vertrieben; aber die
508. Athener verjagten Jsagoras und die Spartaner gleich darauf, und ein weiterer
Versuch, den Athenern Jsagoras als Tyrannen aufzuzwingen, mißlang voll¬
ständig. Klisthenes kehrte wieder zurück und befestigte die Demokratie. Dieser
Fall ist auch deßwegen wichtig, weil er das Streben der Spartaner nach der
Hegemonie von ganz Hellas und ihre Bemühungen, überall eine Aristokratie
einzuführen, beurkundet, welchen Bemühungen man auch in der späteren Ge¬
schichte Griechenlands begegnet. Sparta war damals der einzige Staat von
Hellas, der noch Könige hatte; freilich war die Macht derselben sehr beschränkt.
Die anderen Staaten hatten das Königthum, wie es zur Zeit des trojanischen
Krieges bestand, zunächst mit einer Aristokratie, einer Regierung der Rei¬
cheren und Vornehmeren, vertauscht, welche, wenn bloß wenige Familien der¬
selben herrschten, Oligarchie genannt wurde. Da aber die Reicheren ihre
Macht mißbrauchten und das Volk zu sehr drückten, und andererseits das Volk
an Bildung und Vermögen zunahm, so mußte es zwischen diesen zwei Par¬
teien bald zu einem Bruche kommen. Dieser führte aber nicht unmittelbar zur
Herrschaft des Volks, zur Demokratie, sondern dadurch, daß irgend ein
energischer Mann mit Hilfe des Volkes die bestehende Obrigkeit stürzte und
sich zum Alleinherrscher machte, zur Tyrannis. Bald wurde auch diese
gestürzt und machte, was im sechsten Jahrhundert in mehreren Staaten Grie¬
chenlands der Fall war, einer Demokratie wie in Athen, oder einer Aristo¬
kratie Platz. Sparta und Athen bildeten nicht bloß nach ihrer Abstammung,
sondern auch nach ihrer politischen Verfassung entschiedene Gegensätze. Diese
Gegensätze konnten bei der Gefahr vor einem auswärtigen Feinde, wie in den
Perserkriegen, zurücktreten, mußten aber mit dessen Bewältigung um so schär¬
fer hervortreten und zu einem heftigen Zusammenstoß und zum Sturze des¬
jenigen Theiles führen, der am wenigsten militärisch eingerichtet war.