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und Kuchen. Der Kronprinz bewegte sich dann fröhlich unter der
fröhlichen Kinderschar; und die Kronprinzessin war wie eine ge¬
schäftige Hausmutter bald hier, bald da, um überall nach dem Rechten
zu sehen. In der Schwimmanstalt zu Potsdam durften die Knaben
auch mit dem Kronprinzen zusammen baden. Wie kleine Fische
schwammen sie dann um ihn; und manchmal nahm er einen Vor¬
witzigen unter seinen Bademantel und tauchte mit ihm unter, während
die Übrigen jubelten.
3. Mit den Soldaten teilte der Kronprinz im Kriege alle Freuden
und Leiden. Nach dem Kampfe besuchte er die Verwundeten in den
Lazaretten, und war dabei, wenn sich die Gräber für die gefallenen
Helden öffneten. Mit blutendem Herzen zog er in den Krieg gegen
Ostreich; denn er ließ einen todkranken Sohn daheim und erhielt unter¬
wegs die Nachricht, daß er gestorben sei. Am Abend des Tages von
Königgrätz trafen Vater und Sohn auf dem Schlachtselde zusammen.
Unter Freudenthränen schloß der König seinen ritterlichen Sohn in die
Arme und heftete ihm den Orden pour le merite auf die Brust.
Als der Krieg gegen Frankreich begann und der Kronprinz durch
Süddeutfchland reiste, wurde er überall mit Jubel begrüßt; besonders
erhebend gestaltete sich sein Empfang in München. Als er dort neben
dem König von Bayern im Theater erschien, und dieser ihm vor aller
Augen wie zur Bekräftigung des Treubundes die Hand reichte, erfüllte
ein endloses Hochrufen die weiten Räume. Nach der Kaiserproklama¬
tion in Versailles war Friedrich Wilhelm Kronprinz des deutschen
Reiches geworden.
4. Mit großer Hoffnung sah darum das deutsche Volk auf ihrt,
als das hohe Alter Wilhelms I. an des Menschen Sterblichkeit
erinnerte. Aber noch ehe der Herr dem Leben des Kaisers sein
Ziel gesetzt, hatte eine tückische Krankheit das Leben des Kron¬
prinzen ergriffen. Viele Schmerzen mußte er erdulden; im Norden
und Süden Europas suchte er vergeblich Hilfe; da traf ihn im
fonnigen Italien die Kunde, daß er Kaiser geworden sei. Sterbens¬
krank und todesmatt hat er als Friedrich III. die Regierung über¬
nommen und noch neunundneunzig Tage geführt. Dasselbe Jahr,
das uns den herrlichen Vater nahm, hat uns auch den geliebten Sohn
entrissen. Mit stiller Wehmut denkt der Deutsche sein und ruft sich
gern das Wort in die Erinnerung, das er sterbend als Vermächtnis
hinterließ: „Lerne leiden, ohne zu klagen!"