fullscreen: Mittelstufe: Erster Kursus (Teil 3, [Schülerband])

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Sie flehte ihn um Schonung ihres guten Vaters an; sie sagte ihm, 
wie schuldlos er litte, da ihn nur der Fall anderer Häuser in die Ver¬ 
legenheit gebracht, nicht augenblicklich bezahlen zu können. „Haben Sie 
Mitleid," sprach die gute Tochter, „haben Sie Mitleid mit meinem 
armen Vater, der den Ruf strenger Rechtlichkeit immer für sich hatte; 
haben Sie Mitleid mit uns, feinen unschuldigen Kindern! Uns rauben 
Sie den Ernährer, dem Geschäft den Vorsteher, dem Vater den guten 
Namen für immer! Ja, wenn Sie auf Ihrer Absicht beharren, so folgt 
sogar, daß Sie das Haus nötigen, sich bankerott zu erklären, wodurch 
Sie alsdann nicht bloß uns, sondern auch sich selbst den größten 
Schaden zufügen. Befreien Sie ihn aber, so wird er seinen Fleiß 
verdoppeln und Ihnen redlich alles bezahlen." Heiße Thränen rannen 
über die Wangen des braven Mädchens. Sie nahm nun ihre Schmuck¬ 
sachen und ihr Sparbüchsengeld und legte es vor den Mann hin, der 
ihr schweigend bis jetzt zuhörte, und sagte: „Nehmen Sie dies als 
Abschlagszahlung. Es ist alles, was ich besitze, und was ich mir seit 
Jahren erspart habe. Ich habe einen Plan entworfen, den Sie billigen 
werden. Sie bedürfen gewiß in Ihrem Hauswesen eines Dienstmädchens. 
Ich flehe Sie an, geben Sie mir diese Stelle. Den Lohn, welchen Sie 
einem solchen Mädchen geben, rechnen Sie jährlich auf meines Vaters 
Schuld ab. Ich will arbeiten Tag und Nacht, soweit meine Kräfte 
reichen. Keine Arbeit soll mir zu schwer, keine zu niedrig sein. Ich 
will sie thun ohne Widerrede, ohne Säumen. Ich will Ihr Bestes 
fördern, wo ich kann — nur geben Sie meinen guten Vater frei, daß 
meine liebe Mutter und meine Geschwister nicht darben müssen, daß 
keine Schande unsern guten Ruf verderbe und meine kleinen Geschwister 
einen Erzieher haben. Ich will das Unterpfand sein." Sie sprach 
diese Worte mit hinreißendem Gefühl. Der Kaufmann hatte mit Gewalt 
seine Thränen unterdrückt, jetzt aber brachen sie unaufhaltsam hervor. 
„Ihr Vater," sagte er, „ist ein von Gott reich gesegneter Mann, denn 
in Ihnen hat er einen reichen Schatz; aber ich erkenne es, er ist auch 
ein braver Mann; denn nur ein solcher kann solch ein Kind erziehen. 
Ich danke Gott," fuhr er fort, „daß er Sie zu mir geführt hat; denn 
M Sie sind mir ein guter Engel geworden, der mein Herz von einer 
Härte heilt, die ihm ein nichtswürdiger Betrüger eingeflößt hat. Gehen 
Sie hin, Ihr Vater ist frei, aber kehren Sie bald wieder mit ihm 
zurück; ich muß mit ihm reden." Schnell schrieb er nun seinen Ent¬ 
schluß dem Gerichte, sandte das Schreiben ab, und Mortier war frei. 
Unaussprechlich war Adelinens Glück. Unaussprechlich war ihre 
Freude, daß sie ihrem teuren Vater die Freiheit ankündigen durfte. 
Wie staunte der Vater! Wie innig dankten beide Gott! Wie innig 
segnete er sein vortreffliches Kind! Noch aber wußte er nicht alles, 
was sie gethan. Erst als er mit Adeline zu dem Kaufmann kam und 
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