186 Die Neuzeit.
Luther nach Augsburg kommen und forderte ihn auf, seinen Irrtum
zu widerrufen. Luther bewies die Wahrheit seiner Lehre aus der heiligen
Schrift; der Kardinal aber „donnerte und schnurrte" und rief: „Komme
nicht wieder zu mir, du wollest denn einen Widerruf thun." Weil Luther
fürchtete, der Kardinal könne ihn gefangen setzen, rettete er sich auf
Zureden seiner Freunde durch die Flucht und kam wohlbehalten in Witten¬
berg wieder an. Da sandte der Papst einen zweiten Unterhändler, den
Freiherrn von Miltitz. Der redete freundlich mit Luther, und dieser
versprach zu schweigen, wenn seine Feinde auch schwiegen. Miltitz sagte
nachher: „Nicht mit einem Heere von 25000 Mann getraue ich mir,
Luther aus Deutschland zu führen; denn wo ich einen finde für den
Papst, da sind sicherlich zehn für Luther." Allein Luthers Feinde
schwiegen nicht. Dr. Eck, ein gelehrter und beredter Mann, hatte Luthers
Freund, den Dr. Karlstadt, zu einem öffentlichen Streitgespräch (Dis¬
putation) herausgefordert; er suchte aber eine Ehre darin, Luther selber
zu besiegen, und hatte auch diesen angegriffen. Deshalb stellte auch Luther
sich zur Disputation in Leipzig. (1519.) Der Herzog von Sachsen
nahm teil und gab sein Schloß zu der Unterredung her. Eck nannte
die Lehre Luthers „husische Ketzerei". Luther erwiderte: „Nicht alles,
was Hus gelehrt, ist falsch gewesen." „Also," rief ihm Eck zu, „hat
das Konzil zu Konstanz, das ihn verdammte, geirrt?" — „Es hat geirrt,
wie jedes Konzil irrt, wenn es sich nicht an Gottes Wort hält." Als der
Herzog diesen Ausspruch Luthers hörte, fuhr er vom Sitze empor, stemmte
beide Hände in die Seite und rief: „Das walt' die Sucht!" Eck aber
sprach: „Ehrwürdiger Vater, wenn ihr glaubt, daß ein rechtmäßig ver¬
sammeltes Konzil irren könne, so seid ihr mir wie ein Heide und Zöllner."
Er eilte nach Rom und trug dem Papste die Lehren Luthers vor. Dieser
verhängte über Luther den Bann. Da lud Luther Lehrer und Schüler
der Universität zu Wittenberg vor das Elsterthor. Ein Lehrer der
Universität errichtete einen Scheiterhaufen und legte die Bücher des päpst¬
lichen Rechts und Ecks Schriften darauf; dann ward das Feuer angezündet,
und Luther selbst warf die Bannbulle mit den Worten hinein: „Weil
du den Heiligen des Herrn (d. i. Christus) betrübet hast, so betrübe und
verzehre dich das ewige Feuer!" Damit hatte sich Luther von der
römischen Kirche losgesagt. (1520.)
I). Reichstag zu Worms. Inzwischen war der Kaiser Maximilian
gestorben, und die deutschen Fürsten hatten seinen Enkel Karl von
Spanien zu seinem Nachfolger erwählt, der sich jetzt Karl V. nannte
(1519—1556). Karl hatte von seinem Vater die reichen Niederlande
geerbt, von seinem Großvater mütterlicherseits Spanien, Neapel und
Sieilien, sowie die spanischen Besitzungen in Amerika, von seinem Gro߬
vater väterlicherseits, dem Kaiser Maximilian, die österreichischen Erb-
länder. (S. 171.) Schon damals sagte man, in Karls Reiche gehe die
Sonne nie unter. In Worms hielt er seinen ersten Reichstag, auf
welchem auch die Sache Luthers beigelegt werden sollte. Der Abgesandte