F. Des großen Kurfürsten Lebensende und Vermächtnis.
1. Krankheit und Tod. In seinen letzten Lebensjahren hatte der große
Kurfürst viel von der Gicht zu leiden. Im Jahre 1688 ging seine Krank¬
heit in Wassersucht über. Er versammelte seine Kinder und die vornehmsten
Räte um sich und sprach zu ihnen: „Durch Gottes Gnade habe ich eine lange
und glückliche, aber auch sehr mühselige, von vielen Unruhen und Kriegen be-
gleitete Regierung geführt. Ich fand die Länder nach meines Vaters Tode,
durch Kriege verwüstet, im armseligsten Zustande; durch Gottes Hilfe hinter-
lasse ich sie in Wohlstand und Frieden, von meinen Feinden gefürchtet und
von meinen Freunden geliebt und geehrt." Mit den Worten: „Ich weiß, daß
mein Erlöser lebt, und der wird mich aus der Erde auferwecken!" verschied er.
2. Vermächtnis. Schon mehrere Jahre vor seinem Tode hatte der Kur-
fürst für seine Söhne ein Vermächtnis niedergeschrieben, in dem es heißt: „Die
rechte Tugend eines rechtschaffenen Regenten besteht darin, daß er Gott von
Herzen fürchte, liebe und vor Augen habe, ihn täglich morgens, mittags und
abends mit inbrünstigem Gebete fleißig anrufe. Eure Unterthanen müßt ihr
ohne Unterschied der Religion als ein rechter Landesvater lieben und ihren
Nutzen und Bestes allzeit gern befördern. . . Seht dahin, daß sowohl den
Armen als den Reichen ohne Ansehen der Person Recht verschafft werde; denn
das befestigt die Stühle der Regenten. . . Richtet eure Ausgaben nach den
Einnahmen und laßt die Diener alle Jahre fleißig Rechnung ablegen."
3. Verdienste des großen Kurfürsten. Der große Kurfürst hat sein
Land von 1400 Quadratmeilen mit 900 000 Einwohnern auf 2000 Quadrat¬
meilen mit iy2 Millionen Einwohnern gebracht. Er hat ein stehendes Heer
von 28 000 Mann geschaffen, starke Festungen errichtet, die Staatseinnahmen
von V/s Millionen Mark auf 7*/2 Millionen gebracht und einen Staatsschatz
von fast 2 Millionen Mark gesammelt. Die Verwüstungen des dreißigjährigen
Krieges und der späteren Feldzüge waren mit Hilfe dieser Geldmittel bei
seinem Tode zum größten Teile wieder gut gemacht; seinen Unterthanen hat er
Frieden und Wohlstand, seinem Geschlechte glänzenden Ruhm erworben, so daß
Friedrich der Große mit Recht an seinem Sarge ausrief: „Der hat viel gethan!"
IV. Kurfürst Friedrich III. (König Friedrich I.)
(1688-1713.)
Wahlspruch: Suum cuique (Jedem das Seine).
a. Persönlichkeit. Friedrich III. ist einer der beliebtesten Fürsten ge¬
wesen, die je in Brandenburg regiert haben. Die Zeitgenossen rühmen ihm
nach, daß er sich von aller Ausschweifung fern halte und nur seinen Pflichten
lebe; während seine Unterthanen noch schlafen, besorge er schon ihre Geschäfte;
i>enn sehr früh pflege er aufzustehen. Er war persönlich milde, vertraulich,
wahrhaft, gelassen. In seinen Gesprächen bemerkte man gerechte und fürstliche
Gedanken; in seinen schriftlichen Aufsätzen zeigte sich eine umsichtige und scharf-
sinnige Behandlung der Dinge.
b. Über seinen fürstlichen Beruf sagte er: „Gleichwie andere Menschen
durch Belohnungen und Strafen der höchsten Obrigkeit vom Bösen ab- und