146 66. England und die Stuarts.
4. Cromwell als Protektor (1649—1658). Sein Ende. Nach
Karls I. Tode wurde England eine Republik, an deren Spitze
Cromwell unter dem Titel „Protektor von England" trat. Er
herrschte kraftvoll und weise und förderte das Wohl des Landes in einem
solchen Grade, daß selbst seine Feinde bekennen mußten, England habe
sich nie besser befunden, als unter diesem ungekrönten Könige. Und nach
außen machte er den englischen Namen so gefürchtet und berühmt, daß
die stolzesten Könige sich um seine Freundschaft bewarben. Auch der
Papst hörte aus ihn. Einmal ließ Cromwell diesem sagen, er möge
den hartversolgten Waldensern Ruhe verschaffen; sonst werde er einmal
mit seinen Eisenseiten in Rom erscheinen. Das half. — Glücklich war
aber Cromwell nicht. Wie konnte er's sein, er, der eines Königs Blut
auf seinem Gewissen hatte! In der Unruhe seines Herzens hielt er sein
Leben Tag und Nacht bedroht; deshalb trug er stets einen Panzer unter
feinen Kleibern und wechselte alle paar Nächte sein Schlafgemach. An
Frau unb Kinb hing er mit ber innigsten Liebe; wie zufriebeu hätte er
leben können ohne jene große Schuld! Die innere Angst verzehrte all¬
mählich feine Kraft. Als er sich bent Tobe nahe fühlte, fragte er
seinen Kaplan, ob es möglich sei, baß ein bekehrter Mensch bie
Gnabe Gottes wieber verliere. „Nein!" antwortete bieser der
reformierten Anschauung gemäß. „Nun, dann wohl mir!" rief
Cromwell aus; „denn das weiß ich gewiß, daß ich einmal in der
Gnade gestanden habe."
5. Karl II. (1660—1685). Zwei Jahre nach Cromwells Tode
tief das englische Volk den Sohn des Hingerichteten Königs, Karl II.
wieder auf den Thron. Unermeßlich war der Jubel, als Karl feinen
Einzug in London hielt. Aber dieser Mann hat in ber Schule bes
Unglücks nichts gelernt; er war sehr leichtsinnig, falfch unb lasterhaft.
Cromwells Leiche ließ er ausgraben unb an ben Galgen hängen. Bald
verwanbelte sich infolge feiner schlechten Regierung bie Liebe seiner
Untertanen in Haß. Besonders viel böses Blut machte auch bie Be¬
günstigung, bie er ben Katholiken zu teil werben ließ. Auf bem Sterbe¬
bette trat er noch selbst zur katholischen Kirche über.
6. Jakob II.; Vertreibung der Stuarts (1688). Ans Karl II.
folgte als letzter Stuart fein Bruder Jakob II. Er war schon vor
seiner Thronbesteigung zur römischen Kirche übergetreten unb wollte um
jeben Preis Englanb wieber bem Papste unterwerfen. Die Lanbesgesetze,
welche ihm babei im Wege stauben, trat er ungefcheut mit Füßen.
Nachbetn bie Englänber solches eine Weile ertragen hatten, hielten sie es
für nötig unb recht, ben Thron ber Stuarts abermals zu stürzen. Sie
baten bes Königs Schwiegersohn, Wilhelm von Oranien, welcher
Statthalter von Hollanb war, seinen Schwiegervater zu vertreiben und
selber ben englischen Thron zu besteigen. Wilhelm lanbete mit einem
nieberlättbifchen Heere unb nötigte — ohne alles Blutvergießen —
Jakob II. zur Flucht nach Frankreich. Dort lebte er bis an seinen Tod
von ber Gnabe Lubwigs XIV., heimlich von ben Höflingen verhöhnt,
daß er drei Kronen für eine Messe geopfert habe.