Full text: Lehrbuch der Geschichte für die mittleren Klassen höherer Lehranstalten

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4. Jenode. 
Der deutsche Bund 
(unter Österreichs Leitung). 
Als die höchste Aufgabe des Bundes betrachtete Österreich (Metternich) 
dieBekämpfnng aller freiheitlichen und nationalenBestrebungen. 
Es wußte in dieser Politik Preußen festzuhalten, das indessen ans dem Gebiete 
der Verwaltung in musterhafter Weife eine Neuordnung des Staates 
vollzog. Endlich erzeugte die Fernhaltung des Volkes von den öffentlichen An- 
gelegensten und das Elend des deutschen Bundes eine revolutionäre Gesinnung. 
Es kam zu den preußischen und deutschen Verfassungskämpfen, in denen 
Preußen zu einem Verfassungsstaat umgewandelt wurde, die uatio- 
nalen Bestrebungen dagegen insbesondere an dem Widerstande Österreichs 
scheiterten. 
I. Die Gekämpfung freiheitlicher und nationaler Bestrebungen. 
Nach den Stürmen einer gottlosen Revolution betrachteten die Fürsten 
die christliche Religion als den festesten Halt der Staatsordnung. Daher 
schlössen die drei siegreichen Monarchen auf Antrieb Alexanders I. (Sept 1815) 
die heilige Allianz, in der sie sich zu den christlichen Grundsätzen der 
Gerechtigkeit, Liebe und Friedfertigkeit verpflichteten. In der Bekämpfung der 
Revolution ging das Fürstentum indes zu weit, denn es trat jeder freieren 
politischen und nationalen Regung mit Gewalt entgegen. 
Von patriotischer Begeisterung erfüllt war insbesondere die deutsche 
Jugend aus dem Freiheitskampf zurückgekehrt. Um die deutsche Kraft zu 
stählen, eröffnete Turnvater Jahn in Berlin wieder seine Tnrnschnle („srisch, 
frei, fröhlich, fromm ist der Turngemein Willkomm!"). Voll sittlichen Ernstes 
und christlicher Gesinnung war vor allem die studentische Jugend. In 
Jena entstand 1815 eine neue Burschenschaft, die alle Studenten zu einer 
großen christlich - deutschen Studentenschast verbinden und so in ihrem Kreise 
zum ersten Male die deutsche Einheit darstellen wollte. Ein großes Ver- 
brüderungssest wurde am 18. Oktober 1817 zu Eisenach gehalten (Wart- 
burgfest) und das Jubelfest der Reformation mit der Jahresfeier der Leip- 
ziger Schlacht verbunden. Ein Jahr darauf (18. Okt. 1818) kam die all¬ 
gemeine deutsche Burschenschaft zustande. 
Der kecke Freimut der Studentenschaft erschreckte die Regierungen, und der 
nationale Gedanke beunruhigte besonders den österreichischen Minister Metter- 
nich. Da geschah es, daß von einem jungen Fanatiker, Karl Sand, der 
Dichter Kotzebue, in den Augen der Burschen ein russischer Spion und Vater- 
landsverräter, in Mannheim erdolcht wurde (1819). Dies Ereignis setzte 
die Höfe vollends in Besorgnis und wurde Anlaß und Vorwand, alle auf 
Freiheit und Einheit gerichteten Bestrebungen zu bekämpfen; die Turnplätze 
wurden geschlossen, die Jenaer Burschenschaft aufgelöst, Jahn in Festungshaft
	        
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