Full text: Kaisers Bilder und Lebensbeschreibungen aus der Weltgeschichte

268 HO. Reichskanzler Fürst Bismarck und Generalfeldmarschall Moltke. 
Bismarck wurde Bundeskanzler. Als solcher arbeitet- er weiter an 
der Einigung Deutschlands, die in dem Kriege 1870/71 zustande kam 
Sowohl 1868 als auch 1870/71 begleitete Bismarck den König und 
ertrug die nicht geringen Strapazen des Krieges mit dem militärischen 
^inn eines alten Soldaten. Rach der Rückkehr aus Frankreich wurde 
Bismarck m den Furstenstand erhoben und erhielt den Sachsenwald 
mit Friedrichsruhe in der Nähe von Lauenburg zum Geschenk 
S. ^elchskanzler. Im neuen Reich wurde Bismarck der erste 
Reichskanzler, ^n ehrfurchtsvoller Liebe und unerschütterlicher Treue 
diente er seinem Herrn. Harte Kämpfe hatte er allerdings auch jetzt 
nDCVu ^stehen; denn Unzufriedenheit im Innern und Mißgunst aus- 
^artiger Machte drohten fortwährend, das Reich wieder zu zertrümmern. 
Aber Bismarck stand auf der Wacht und hütete des Reiches Wohlfahrt 
Und als ernst neidische Nachbarn uns durch Kriegsdrohungen schrecken 
wollten, sprach er das machtvolle Wort: „Wir Deutsche fürchten Gott 
aber sonst nichts auf der Welt!" — Bismarck war der volkstümlichste 
Mann in ganz Deutschland. Seine Hünengestalt mit der Uniform des 
7. Kurassterregiments stand vor aller Augen. Mit großer Begeisterung 
feierte Deutschland am 1. April 1885 den siebzigsten Geburtstag 
seines größten Staatsmannes. Der schwerste Tag in Bismarcks Leben 
war wohl Kaiser Wilhelms Todestag; mit zitternder Stimme verkündete 
er dem Reichstage den Heimgang des Kaisers. Auch unter Kaiser 
Friedrich blieb Bismarck Reichskanzler. Bei seinem Regierungsantritt 
hatte Kaiser Friedrich ihm geschrieben: „Mein lieber Fürst! Bei meinem 
Regierungsantritt ist es mir ein Bedürfnis, mich an Sie, den laug- 
jährigen, vielbewährten Diener meines in Gott ruhenden Herrn Vaters 
zu wenden. Sie sind der treue und mutvolle Ratgeber gewesen, der den 
Zielen seiner Politik die Form gegeben und deren erfolgreiche Aus¬ 
führung gesichert hat. Ihnen bin ich und bleibt mein Haus zu warmem 
Danke verpflichtet." 
r ?clmte im Sachsenwalde. Auch unter Kaiser Wilhelm II. 
blieb Fürst Bismarck zunächst noch Reichskanzler. Dann aber traten 
Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Kaiser und ihm ein, und 1890 
erhielt er ferne Entlassung. Er zog sich in das Schloß Friedrichsruh 
im ^Lachsenwalde zurück. Von hier aus verfolgte er mit lebhaftester 
Aufmerksamkeit, mit ratenden und warnenden Worten die Entwickelung 
der deutschen Angelegenheiten und übte immer noch einen Einfluß auf 
die öffentliche Meinung aus. Mit Ehrfurcht sah das deutsche Volk auf 
den Alten im Sachsenwalde, der gastfrei sein Haus öffnete und immer 
wieder die Huldigungen ganzer Scharen dankbarer Verehrer aus allen 
Teilen Deutschlands empfing. Mit unbeschreiblichem Jubel beging das 
deutsche Volk am 1. April 1895 den achtzigsten Geburtstag des Gründers 
des Deutschen Reichs. Allmählich wurde es stiller und einsamer um 
ihn, und am 30. Juli 1898 starb er in Friedrichsruh. In einem 
Mausoleum im Sachsenwalde ist er beigesetzt. 
b. Moltke. 
1. Lehrzeit. Ein Mitschöpfer deutscher Einheit und Größe ist 
Moltke. Helmut von Moltke ist im Jahre 1800 in dem mecklenburgischen
	        
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