86 38. Kaiser Friedrich III. und Karl der Kühne von Burgund.
Glanz und Macht übertraf, den Titel „König von Burgund" getragen,
und er trat hierüber mit Kaiser Friedrich III. in Unterhandlung.
Dieser zeigte sich auch geneigt, ihm zu willfahren; denn er hoffte bei
dieser Gelegenheit eine Verbindung zwischen seinem Sohne Maximilian
und des Herzogs einziger Tochter Maria zustande zu bringen, wodurch
die reichen burgundischen Länder an das Haus Österreich kommen
mußten. Von seinem Sohne begleitet, begab er sich nach Trier, wohin
er auch Karl den Kühnen beschieden hatte. Aber die Verhandlungen
zerschlugen sich, und Friedrich reiste ohne Abschied von Trier ab. Tief
erbittert, verließ auch Karl die Stadt, fest entschlossen, niemals dem
Maximilian seine Tochter zu geben. Indes hatte er den ritterlichen
Jüngling so lieb gewonnen, daß er es nicht lassen konnte, seiner Tochter
viel Schönes von ihm zu erzählen, und in das Herz Marias senkte sich
eine stille Neigung zu dem herrlichen Kaisersohne, den sie mit ihren
Augen noch nicht gesehen hatte.
3. Karl erobert Lothringen. Der ehrgeizige Herzog, dem die
Königskrone entgangen war, faßte nun den Plan, seine Herrschaft von
den Mündungen bis nach den Quellen des Rheins auszudehnen. Seine
burgundischen und niederländischen Besitzungen wurden durch das
Herzogtum Lothringen getrennt. In dieses Land fiel er zuerst ein,
eroberte es und verjagte den Herzog Renatus. Nancy, die Hauptstadt
von Lothringen, machte er zur Hauptstadt seines ganzen Reichs.
4. Angriff auf die Schweiz; Schlacht bei Granson (1476).
Hierauf rüstete Karl gegen die Schweizer. Er brach in das Gebirgsland
ein und legte sich vor Granson (am Südwestnfer des Neuenburger
Sees). Als er der hartbedrängten Besatzung freien Abzug anbot, ergab
sie sich. Aber schändlich brach Karl sein gegebenes Wort; er ließ alle
diese Männer, 450 an der Zahl, teils erhängen, teils im nahen See
ertränken. Seit diesem Tage war sein Glück dahin. — Schon rückten
die Schweizer zur Rache heran; sie fanden den Herzog noch bei Granson.
Doch waren ihrer nicht halb so viel, wie der Burgunder. Aber das
burgundische Heer wurde schmählich geschlagen. Vergebens suchte Karl
die Fliehenden mit dem Schwerte zurückzutreiben; er wurde selbst mit
fortgerissen. Sein ganzes reiches Lager fiel den Siegern in die Hände.
5. Schlacht bei Murten (1476). Voll Scham und Wut über
seine Niederlage, rüstete Karl so eilig, daß er schon nach wenigen
Monaten wieder mit einem neuen Heere in der Schweiz stand. Er
belagerte Murten (am Murtener See, Kanton Freiburg), und hier kam
es zu einer zweiten Schlacht. Als die Eidgenossen vor dem Kampfe
knieend Gott anriefen, brach auf einmal die Sonne strahlend durch das
dunkle Gewölk; das erfüllte ihre Herzen mit freudiger Zuversicht.
Unwiderstehlich war ihr Angriff, und Karl erlitt eine noch fürchter¬
lichere Niederlage, als bei Granson. 18000 Burgunder wurden
erschlagen oder ertranken im Murtener See. Zum Gedächtnis dieses
Sieges errichteten die Eidgenossen auf dem Schlachtfelde ein Haus zur
Aufbewahrung der Gebeine der gefallenen Feinde und gaben demselben
die Inschrift: „Dieses hat das Heer des mächtigen Herzogs Karl von
Burgund zum Andenken hinterlassen!" Die Franzosen haben 179$