Full text: Lieder vom sächsischen Vaterlande aus alter und neuer Zeit

- 23 — 
Ach wehe! Barbarossa, wer wies dir diesen Pfad? 
Das Haus ist rings umstellet von Mördern und Verrat. 
Es sprach der Wirt voll Reue: „Wie ist es mir so leid! 
Ich wollte gern dich retten, doch nimmer ist es Zeit." 
Da rief der Kaiser klagend: „Nun wehe diesem Ort, 
Wo fallen soll ein Kaiser durch feigen Meuchelmord! 
Gott schütz die deutsche Krone, Gott schütz die Seele mein, 
Und muß ich heute sterben, so soll's in Ehren sein! 
O Deutschland, du mein treues, wärst du nicht, ach, so fern, 
Kein Mörder würde wagen zu morden deinen Herrn!" 
Da kniet ein Ritter nieder und flehte rührend ihn: 
„Herr Kaiser, eine Gnade, die werde mir verliehn." 
„Mein Reich", spricht Barbarossa, „das wird ein Grab bald sein, 
Drum will ich gern gewähren, kann ich noch was verleihn." 
„Das Größte", sprach der Ritter, „hast, Kaiser, du gewährt, 
Für dich den Tod zu leiden, das ist, was ich begehrt." 
Des Kaisers Purpurmantel hat er drauf umgethan 
Und legte dann ihm selber des Dieners Kleider an. 
Da ließen sie den Kaiser zum sichern Thor hinaus; 
Die Wächter selber brachen um Mitternacht ins Hans. 
Sie traten vor den Ritter, der dort als Kaiser schlief; 
Sie stießen ihre Schwerter ihm in das Herz so tief. 
„Nuu fahre heim, du Kaiser!" So rief die wilde Schar, 
Es wußte nicht, die böse, daß er gerettet war, 
Gerettet durch die Treue, die litt den Opfertod, 
Die kühn die Brust den Mördern für ihren Kaiser bot. 
Mit Kränzen deutscher Eichen schmück ihn, mein Vaterland! 
Hartmann von Siebeneichen, so ist der Held genannt! 
33. Markgraf Dietrich in Venedig. 
(1177.) 
(Adolf Böttgrr.) 
Kaiser Friedrich Barbarossas Dumpf erscholl das Glockenläuten 
Schritt verdüstert auf Venedigs Von dem Dome zu Sauct Marcus, 
Marcusplatz, den Bart sich streichend. Als der Papst3) im Festornate, 
Langsam schritt er, leise murmelnd; In dem Kreis der Kardinäle, 
Neben ihm in ernstem Schweigen Stolz betrat der Kirche Stufen. 
Oft das Haupt bedenklich schüttelnd 
Markgraf Dietrich2), der erlauchte Kaum gewahrt der Kaiser 
Sprößling jenes großen Konrad Friedrich, 
Vom Geschlechte der Wettiner. Der für freie Deutschheit kämpfte, 
1) Kaiser 1152—1190. 
2) Dietrich, mit dem Beinamen „der Bedrängte" war Markgraf von Meißen 
1195 — 1221. 
3) Alexander III. 1159 — 1181.
	        
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