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sonnenen ben offenen Aufrnhr. Als bann bte Gilben noch einmal
aufs Rathans gingen, um zum letzten Male ihre Forberungen zu er¬
heben, war ber Rat gewillt, mit gewählten Männern bie Angelegen¬
heit zu besprechen. Darauf erkoren bie Evangelischen zehn ihrer An¬
gesehensten als Mittler, welche am folgenben Tage ihre Sache vor
bem Rate vertreten sollten.
4. Am Donnerstag, ben 21. Oktober, brangte sich schon früh
morgens bte Bürgerschaft bem Rathause zu unb füllte ben Marktplatz
unb bte benachbarten Straßen. Fast alle waren mit Waffen versehen,
um mit Gewalt einzugreifen, falls ber Rat bie Forberungen ber
evangelischen verweigere. Es war eine große Bewegung unter bem
^olfe. Da erschienen bie zehn Mittler auf bem Markte, voran ber
ehrwurbtge Simon Gieseler, unb stiegen bie Stufen zum Rathause
empor. Ihnen nach brangte bie bewaffnete Menge unb erfüllte bte
wette Halle bes Hauses. Die Mittler baten um Gehör; ber Rat wagte
nicht mehr, bie Bitte abzuschlagen unb war bereit, mit ben zehn Männern
zu üerhanbeln. Ehe bieses aber geschah, verlangten bie Mittler bie
fechlteßung sämtlicher Thore ber Stabt, bamit nicht in verräterischer
Welse herzogliche Truppen^eingelaffen mürben. Der Rat gab auch biefer
Bitte nach. Da erhob Simon Gieseler seine Stimme: „Wünsche unb
forberungen haben wir oft genug an ben Rat gebracht, jetzt erwarten
mx nur eine kurze Antwort. Soll bie evangelische Prebigt den Bürgern
gestattet sein ober nicht?" ' Es entstaub eine bange Pause. Aufruhr
unb Blutvergießen ober lutherischer Gottesbienst unb Erhaltung ber
Drbnung — betbes- lag jetzt in ber Wahl pes Rates; unb stehe, er
wählte bas letztere. Lauter Jubel erscholl in ber Halle unb auf bem
Eser Beschluß verkünbigt würbe. Vor versammelter
Bürgerschaft legte ber Rat einen Eib ab, baß er nicht aus ber Stabt
welchen wolle^bevor er bie Sache zum guten Enbe gebracht. Dennoch hielten
Würger Wehr unb Waffen bereit, um bas Errungene zu schützen;
nachts hte t ein Teil ber Bürgerschaft bei großen Feuern Wache auf
bem Markte. Huventhal würbe als evangelischer Prebiger angenommen
unb die Klosterkirche ber Pauliner ben Evangelischen zum Gottesbienste
überwiesen. Am 24. Oktober 1529 sammelten sich bafelbst bie Evan¬
gelischen zum ersten orbentlichen lutherischen Gottesdienste. Nun breitete
N dre Lehre Luthers in ber Stabt ungehindert aus; evangelische
Burger kamen in ben Rat, und schon im folgenben Jahre hatte bie
<btabt ettten evangelischen Bürgermeister.
35* Die Göttinger Kirchenordnung.
1530.
w }- Durch bie Einführung ber lutherischen Lehre entstaub zunächst
manche Verwirrung tn bett kirchlichen Dingen unserer Stabt; ber Pöbel
zur Bilderstürmern verleiten, raubte aus Kirchen und
Klöstern die Bilder unb verbrannte biese auf bem Marktplatze, riß allen