Gründung des Frankenreichs durch Chlodwig. 47 
eines römischen Patricius. In der Kirche, vor dem Grabe des 
heiligen Martin, bekleidete er sich mit der purpurnen Toga und setzte 
sich die Krone aufs Haupt. So geschmückt, trat er unter das Volk. 
Jetzt erst betrachteten ihn die besiegten Gallier als ihren rechtmäßigen 
König, und auch den Franken erschien er im Lichte höherer Würde. 
„War die Ungleichheit des Glaubens hauptsächlich die Schwäche des 
Burgunder-, Goten- und Vandalenreichs, so wurde die Einheit des 
Bekenntnisses die Stärke des sränkischen Reichs; sie sicherte den errungenen 
Besitz und führte von Eroberungen zu Eroberungen." 
Als Chlodwig so Gallien im Osten bis an die Rhone, im Süden bis an 
die ©aronne erobert hatte, suchte er durch grausame Ermordung aller fränkischen 
Stammeshäupter die Herrschaft über das ganze Frankreich sich und seinen Nach¬ 
kommen zusichern. Dem Sohne des Siegbert von Köln schrieb er: „Dein 
Vater ist lahm und zu alt, um noch König zu sein." Der Sohn ließ infolge¬ 
dessen den Vater ermorden, als dieser auf einer Jagd im Walde Mittagsruhe 
hielt. Als der Mörder aber den Gesandten Chlodwigs die gewonnenen Schätze 
zeigen wollte und sich beim Öffnen des Kastens bückte, erschlug ihn einer der 
Franken hinterrücks mit der Streitaxt. Dann sprach Chlodwig zum Volke: 
„Meines Vetters Sohn hat seinen Vater durch Meuchelmörder umbringen lassen 
und jetzt selbst — durch wen, weiß ich nicht — den verdienten Lohn gefunden. 
Es ist sündhaft, das Blut seiner Verwandten zu vergießen. Wendet euch zu 
mir und begebt euch in meinen Schutz." Da erwählte ihn das Volk zum Könige. 
Ein Frankenfürst hatte Chlodwig nicht gegen die Römer geholfen. Jetzt 
ließ dieser ihm und seinem Sohne die Haare scheren und machte beide zu Geist¬ 
lichen. Der Sohn sprach zum Vater: „Das Laub ist abgestreift, aber das Holz 
noch grün und kann zum Verderben jenes wieder Blatter treiben." Da ließ 
Chlodwig beide hinrichten und nahm ihr Land in Besitz. Ein anderer Franken¬ 
fürst war wegen seiner Schwelgerei bei seinen Unterthanen verhaßt. Chlodwig 
bestach einige aus dessen Gefolge durch eherne Waffenringe und Wehrgehenke, die 
er für goldene ausgab. Da führten sie ihren Herrn gebunden vor Chlodwig; 
dieser rief aus: „Wie hast du unser Geschlecht so tief erniedrigen können, dich 
binden zu lassen? besser der Tod!" und mit der Streitaxt spaltete er ihm den 
Kops. Dann schlug er auch des Königs Bruder mit den Worten nieder: 
„Hättest du deinem Bruder geholfen, so wäre er nicht gebunden worden!" Zu 
den Rittern aber sprach er: „Für eure falschen Thaten gebührt euch falsches Geld. 
Freut euch, daß ich euch für euren Verrat nicht hinrichten laste!" Als er feine 
ganze Familie ausgerottet hatte, hörte man ihn oft klagen, daß er freudlos und 
allein stünde. Er that es aber nur, um den, der sich etwa zeigen werde, gleich¬ 
falls zu ermorden. Dennoch sagt der alte Geschichtsschreiber der Franken, 
Bischof Gregor von Tours: „So fällte Gott täglich seine Feinde unter 
seiner Hand, darum, daß er mit rechtem Herzen vor ihm wandelte und that, 
was seinen Augen wohlgefiel." Chlodwig genoß die Früchte seiner Frevelthaten 
nicht lange. Er starb schon 511 in seiner Hauptstadt Paris, erst 45 Jahre alt. 
c. Ausbreitung und Einrichtung des fränkischen Reiches. Nach 
Chlodwigs Tode wurde sein Reich nach Frankenart unter seine 
vier Söhne geteilt; aber trotz der Teilung galt es als ein ganzes, und 
die Söhne vollbrachten ihre Eroberungen gemeinschaftlich. Schon 534
	        
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