Jugend und erste Regierungshandlungen. 3 
schrieb: „Es ist eine große Teuerung entstanden, daß die Leute nicht 
allein viel Iammerns, Heulens und Wehklagens treiben, ungewöhnliche 
Speisen und Dinge, als Hunde, Katzen und, mit Erlaubnis zu melden, 
die krepierten Äser auf den Gassen essen, sondern für den greulichen 
Hunger, sowohl in der Stadt als auf dem Lande, einander selbst an¬ 
fallen, kochen, braten und verzehren." In dieser Not verließ der Kur¬ 
sürst das unglückliche Land und ging noch Preußen, wo er starb. Das 
Land befand sich an einem Abgrunde, neue Kriegsgefahren drohten, und 
der einzige Sohn des verstorbenen Kurfürsten, Friedrich Wilhelm, 
war noch nicht zwanzig Jahre alt! 
2) Jugend und erste Regierungshandlungen. 
a. Jugend. Friedrich Wilhelm wurde 1620 im Schlosse zu 
Köln an der Spree geboren. Bis zu seinem fünften Jahre war seine 
Mutter, eine Schwester des „Winterkönigs" (II. 298), seine Erzieherin; 
dann erhielt er einen Hofmeister, von Leuchtmar, einen Mann von ge¬ 
diegenem Wissen, großer Frömmigkeit und entschiedener Willenskraft. 
Da in der unruhigen Kriegszeit der Hof zu Berlin für die Erziehung 
eines Prinzen nicht von Segen sein konnte, so ward Friedrich Wilhelm 
nach der Festung Küstrin gebracht, wo er den größten Teil seiner 
Kinderjahre verlebte. Damit er die für ihn wichtige polnische Sprache 
lerne, wurden unter die kleine Zahl seiner Pagen einige Söhne polnischer 
Edelleute aufgenommen. Gegen Schwarzenberg faßte der Kurprinz, 
wahrscheinlich durch den Einfluß seiner Mutter, schon frühzeitig eine tiefe 
Abneigung. Gustav Adolf sah den Prinzen (1631) und gewann den 
körperlich kräftigen und geistig geweckten Knaben so lieb, daß er ihm 
schon damals die Hand seiner einzigen Tochter Christine zugedacht haben 
soll. Einen tiefen Eindruck machte es auf das jugendliche Gemüt des 
Prinzen, als er schon im folgenden Jahre an dem Sarge Gustav Adolfs 
stand und den großen Toten zum Strande geleitete. Aus der Rückreise 
ließ der Kurfürst den Sohn an dem Hofe des alten Pommernherzoas 
zu Stettin, damit er die Sitten des Landes kennen lerne, das nach 
dem Tode Vogislaws an Brandenburg fallen sollte. Des Kurprinzen 
Aufenthalt daselbst währte fast zwei Jahre. 
Friedrich Wilhelm stand jetzt im fünfzehnten Lebensjahre; außer seiner 
Muttersprache konnte er lateinisch, französisch und polnisch ziemlich ae- 
lauftg schreiben und sprechen; außerdem war er auch ein geschickter Reiter 
und Fechter. Auf Anregung der Kurfürstin sandte Georg Wilhelm seinen 
Sohn m Begleitung Leuchtmars nach Holland (1634), damit er auf der 
berühmten Universität Leyden seine Bildung vervollständige. Doch die 
Pest vertrieb ihn bald wieder aus Leyden; er ging nach Arnheim 
und als auch hier die Pest ausbrach, nach dem Haag. Hier wie in 
anheim konnte er Umgang mit den ausgezeichnetsten Staatsmännern 
und Feldherren der Niederlande pflegen. Der Prinz schloß sich an den 
edelsten derselben, den berühmten und tapfern Statthalter Friedrich 
U u n r 19 r? 0 N D r a n ic n, in ehrfurchtsvoller Liebe an. Dieser Aufent¬ 
halt in Holland war für den jungen Prinzen in jeder Beziehung eine
	        
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