Raub Straßburgs. 23
abgetreten, das übrige Pommern mit Stettin erhielten diese zurück.
Es war für den Kurfürsten einer der schwersten Tage seines Lebens,
als er den Friedensvertrag unterschreiben mußte. Er wünschte, nie
schreiben gelernt zu haben. Als er unterschrieben hatte, rief er die
prophetischen Worte:
„Einst wird aus meiner Asche ein Rächer auferstehen."
Auf dem Friedensfeste ließ er über den Text predigen: „Es ist gut,
auf den Herrn vertrauen und sich nicht verlassen auf Menschdn."
f. Raub Straßburgs. Gegen seine bisherigen Bundesgenossen war
Friedrich Wilhelm auss höchste erbittert, am meisten gegen den Kaiser.
Schon früher hatte er voll Unmuts über das falsche Spiel des Kaisers
im Kampfe gegen Frankreich ausgerufen: „Das ist der Dank dafür,
daß ich ihm die Krone aufgesetzt habe; die Zeit kann kommen, daß ich
ste ihm abnehme und einem andern aufsetze, der sie besser verdient."
1675 war der Herzog von Jägerndorf (II. 299) gestorben; sein
Land hätte an Brandenburg fallen müssen, aber der Kaiser verweigerte
die Herausgabe desselben. In demselben Jahre war auch der Herzog
von Liegnitz gestorben, und nach dem Erbvertrage von 1537 (II. 279)
mußten nun Liegnitz, Brieg und Wohlau an Brandenburgsallen;
als Friedrich Wilhelm sie aber vom Kaiser verlangte, wurde er abge¬
wiesen. Diese Mißstimmung des Kurfürsten gegen den Kaiser benutzte
Ludwig XIV. schnell und bewog jenen, mit ihm einen Freundschaftsvertrag
zu schließen. Dadurch befreite Friedrich Wilhelm Kleve rasch von den
Franzosen und erlangte einige Jahre Ruhe vor dem Übelwollen seiner
Feinde. — Im folgenden Jahre (1680) starb der Administrator Magde¬
burgs; nun wurde dies Herzogtum mit den Städten Magdeburg und
Halle mit Brandenburg vereinigt.
Im Vertrauen auf die Ohnmacht des deutschen Reiches fe|te
Ludwig XIV. die Reunionskammern zu Metz und Breisach ein.
Diese Gerichtshöfe sollten untersuchen, welche Gebiete jemals zu den in
den letzten Friedensschlüssen an Frankreich abgetretenen Ländern gehört
hätten/ Darauf wurden mitten im Frieden mehrere Landstriche und
Städte (z. B. Saarlouis, Saarbrücken, Mömpelgard, Luxemburg) und
über 500 Flecken, Dörfer, Schlösser und Mühlen von Frankreich einge¬
zogen. Das deutsche Reich legte gegen diese Gewaltthat zwar ohn¬
mächtigen Protest ein, aber weiter rührte es sich nicht. Da setzte
Ludwig XIV. allen seinen Räubereien die Krone aus. Im tiefsten Frieden
erschien sein Minister Louvois mit einem großen Heere vor Straßburg,
forderte die Stadt zur Übergabe auf, bedrohte die Einwohner mit
der Strafe der Empörer und gab ihnen nur eine Nacht Bedenkzeit. Der
größte Teil der kampffähigen Bürger war auf der Messe zu Frankfurt,
andere waren von Ludwig bestochen oder von dem verräterischen Bischof
Egon von Fürstenberg für ihn gewonnen; Hilfe vom Reich war nicht
zu erwarten: was blieb der Stadt anders übrig, als zu kapitulieren? 1681
Der bisher evangelische Dom ward den Katholiken sofort zurückgegeben;
in der Thür desselben empfing der verräterische Kirchenfürst bald darauf
den „allerchristlichsten" König' mit den Worten Simeons: „Herr, nun