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O ihr Glocken im Turm,
Noch läutet ihr Sturm . . .
Doch ein Ton summt drinnen und schwingt und klingt,
Der leise die Weise vom Frieden singt!
Paul Grotowsky in Leipzig.
In diesem ersten Kriegsjahre hat das deutsche Volk seine Krast er¬
probt. Es hat Außerordentliches leisten müssen. Es hat bewiesen, daß
Deutschland über alles in der Welt ist und siegreich gegen eine gewaltige
Übermacht sein kann. So ist das erste Kriegsjahr mit Recht als das
deutsche Jahr gerühmt worden:
Das deutsche Jahr.
Ein Jahr ist über die Erde gestampft
So todumschwebt.
Erlöstes Blut hats zum Himmel gedampft
Und hat unsre Herzen in Leiden zerkrampft.
Ein Jahr ist über die Erde gestampft,
So schmerzendurchbebt.
Ein Jahr ist über die Erde gestoben,
So rauschumsprüht.
Es hat unsre Seelen nach oben, nach oben
Aus Alltagsdunst in den Äther gehoben.
Ein Jahr ist über die Erde gestoben,
So flammendurchglüht.
Ein Jahr ist über die Erde geschritten,
So haßdnrchbrüllt.
Eine Welt und die Lüge hat mit uns gestritten,
Doch wir haben noch alles zusammengeritten.
Ein Jahr ist über die Erde geschritten,
So groß und so wild.
Ein Jahr hat über der Erde getobt,
Wie keius noch war.
Es hat deutsche Menschheit im Feuer erprobt.
Es sei gesegnet, es sei gelobt!
Ein Jahr hat über der Erde getobt:
Das deutscheste Jahr.
H. Bauer in Leipzig.
Aber schwer, furchtbar schwer ist dem deutschen Volke dieser Kamps
um Sein und Nichtsein gemacht worden. Manch andres Volk wäre
schier verzweifelt. Auch bei uns gab es zage Gemüter, Flau- und Mies¬
macher. Zum Glück haben sie nicht die Oberhand gewonnen. Vor allem
haben unsre tapfern Streiter den Mut und die Siegeszuversicht nicht
verloren. Mit den Gefahren wuchs auch ihre Kraft, ihre Ausdauer, ihre
Zähigkeit. Sie alle gelobten: Wir halten aus! Mit ihnen wollen und
müssen auch wir Daheimgebliebenen aushalten. Nur wer ausharrt,
wird gekrönt. Wer die stärksten Nerven, den zähesten Willen, die aller-
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