Full text: Der Weltkrieg (Teil 3)

Die Ursachen des Weltkrieges. 
1. Die deutsche Friedensliebe. 
Schon oft habe ich euch von blutigen und großen Kriegen erzählt... 
Aber keiner war so groß und so blutig wie der, den wir alle schaudernd 
und erschauernd mit erlebt haben, der Ende Juli 1914 ausbrach. Vor 
hundert Jahren schon ward einmal Europa von einer allgemeinen 
Kriegsnot heimgesucht, und auf den weiten Ebenen der Leipziger Völker¬ 
schlacht standen sich fast alle Völker Europas gegenüber. Aber seitdem 
sind solche große, solche allgemeine Kriege nicht in Europa geführt worden. 
Die deutsche Einigung und die Gründung des Deutschen Reiches war 
allerdings nur durch Blut und Eisen möglich. Drei Kriege sind darum 
geführt worden. Aber dann haben sich die deutschen Kaiser als Friedens¬ 
kaiser betätigt. Noch vor Paris, während die französischen Geschütze 
donnerten, da hat der neue Kaiser erklärt: Wir nehmen die Kaiserkrone 
an in der Hoffnung, daß es dem deutschen Volke vergönnt sein wird, 
den Lohn seiner heißen und opfermutigen Kämpfe im dauernden Frieden 
zu genießen. Uns aber und unseren Nachfolgern an der Kaiserkrone 
wolle Gott verleihen, allezeit Mehrer des Deutschen Reiches zu sein, 
nicht an kriegerischen Eroberungen, sondern an den Gütern und Gaben 
des Friedens. 
So dachte Kaiser Wilhelm I. So dachte auch sein Enkel, Kaiser 
Wilhelm II. Als er 1888 auf den Thron berufen ward, da erklärte er 
gleichfalls: In der auswärtigen Staatskunst will ich Frieden halten mit 
jedermann, so viel an mir liegt. Deutschland bedarf weder neuen Kriegs¬ 
ruhms, noch irgendwelcher Eroberung. Meine Liebe zum deutschen Heere 
wird mich nie in Versuchung führen, dem Lande die Wohltaten des Frie¬ 
dens zu verkümmern. Seine Stärke zu Angriffskriegen zu benutzen, liegt 
meinem Herzen fern. Im Vertrauen auf Gott und die Wehrhaftigkeit 
unsers Volkes hege ich die Zuversicht, daß es mir vergönnt sein werde, 
in friedlicher Arbeit zu wahren und zu festigen, was meine Vorfahren 
kämpfend erstritten haben. 
Dies Gelübde hat der Kaiser treu und redlich gehalten. Freilich haben 
es ihm die Feinde Deutschlands oft recht schwer gemacht, und schon öfter 
mußte er sich fragen: Sollen wir mit dem Schwerte drein schlagen? Denn 
die Feinde des Deutschen Reiches, namentlich Frankreich, aber auch Ru߬ 
land und England, glaubten erst nicht an die aufrichtige Friedensliebe 
Franke, Th.» Deutsche Geschichte. III. 1
	        
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