Full text: Deutsche Geschichte von der ältesten Zeit bis zum Ende des Großen Krieges (Teil 2)

— 395 — 
4. Da kaufte jeder gerne von ihrem Tuch so rein; 
Sie woben goldne Sterne der Treue ja hinein. 
5. Die Treue und der Glaube, der fromme Bürgersinn, 
Barmherzigkeit und Liebe, die mehrten den Gewinn. 
6. Da ward an Gold und Ehren gar reich und groß ihr Haus, 
Es gingen mit dem Kaiser dort Fürsten ein und aus. 
7. Die Weber wurden Grafen; ihr Wort galt weit und breit, 
Sie woben mit dem Kaiser am Webestuhl der Zeit. 
8. Bei Ehren und bei Schätzen, die ihnen Gott verlieh, 
Vergaßen doch die Grafen der armen Weber nie. 
9. Was hilft uns alles Weben! so dachte stets ihr Sinn, 
Der Himmel nur ist ewig, sein Segen nur Gewinn. 
10. Drei Brüder waren ihrer, die'reichten sich die Hand; 
Ulrich, Georg und Jakob, so waren sie genannt. 
11. Sie sprachen zueinander: „Die Güter dieser Zeit, 
Vorrechnen muß sie jeder einst Gott in Ewigkeit. 
12. So laßt uns freudig gründen ein Werk vereinter Kraft, 
Womit wir mögen geben ihm einstens Rechenschaft". 
13. Zu Augsburg bei Sankt Jakob, da hub ein Graben an, 
Ein Zimmern und ein Mauern von manchem Handwerksmann. 
14. Mit hundert kleinen Häusern ein Städtlein stieg empor, 
Mit Brunnen und mit Straßen und seinem eig'nen Thor. 
15. Und als das Werk vollendet, da weihten es die drei, 
Daß armen frommen Bürgern es eine Wohnung sei. 
16. Und was die drei gesprochen, das schrieben sie auf Stein; 
Es soll dem Sohn und Enkel zum steten Vorbild sein. 
17. Sie bauten für sich selber ein Häuslein auch dazu; 
Im Kirchlein von Sankt Anna, dort ist der Fugger Ruh'. 
18. Wohl kamen arge Zeiten, Sankt Anna ward zerstört, 
Die Messe wird nicht fürder auf ihrem Grab gehört. 
19. Doch in dem Herz der Armen wird ihrer noch gedacht 
Im Städtlein, das sie milde dem Herren dargebracht. 
20. Das Glück dreht sich im Kreise, es kommt und geht vorbei; 
Der Fugger Namen preiset noch heut die Fuggerei. 
I. Lesen durch den Lehrer (in Abschnitten). 
II. Lesen durch die Schüler. 
HI. Erläuterung und Überschrift. 
1. Teil. Strophe 1—4. Das Glück dreht sich im Kreise usw.: das Glück 
ist unbeständig, es kommt und geht, kommt abermals und geht wieder wie ein sich 
drehendes Rad, eine gedrehte Kugel, Scheibe mit ihren Punkten wiederkehrt und 
geht. Sie woben goldne Sterne usw.: die Treue (hier der Arbeit), deren Sinn¬ 
bild die stets am Himmel glänzenden Sterne sind, woben sie gleichsam in die Arbeit 
hinein und machten das Linnen (Leinen) damit dauerhaft, d. h. sie ließen keine 
schlechten Stellen mit unterlaufen. — Die Fugger als fleißige Webersleute.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.