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Alte Geschichte.
161 Marc Aurel (bis 180) und dessen Bruder Berus (bis 172), geriet der
gewaltige Bau ins Wanken. Die glückliche Zeit verschwindet, und dieser
letzten Abendröte unter den guten Kaisern folgt bald die düstere Nacht, in
der die ganze Herrlichkeit des Römertnms untergeht. Aurel hatte gegen die
Parther zu kämpfen. Das zurückkehrende Heer schleppte die Pest ein, die
in furchtbarer Weise alle Teile des Reichs verheerte, gar nicht mehr er-
löschen wollte und auch noch eine Hungersnot im Gefolge hatte. Nicht
genug damit! Über das verödete und geschwächte Reich brach auch noch
schwere Kriegsnot herein. Die Völkerwanderung begann. Die Ger-
manen nördlich der Donau waren in Bewegung gekommen. Das Hauptvolk,
die Markomannen und O-uadeu, brechen aus Böhmen und Mähren
vor und überschreiten, begleitet von den zwischen Karpathen und unterer
Donau ansässig gewesenen Sarms-ten und Jaz^gen, die Donau. Bis
Aquileja am Jsonzo flutet dieses Völkerheer. Da gelingt es dem Feld-
Herrntalent und der Energie des Marc Aurel, den Massenanprall zu stauen.
Der Kaiser verlegte sein Hauptquartier in den Mittelpunkt des nordischen
Kriegsschauplatzes, nach Carnüntnm (jetzt Petronell bei Wien), wo er im
ganzen 15 Jahre zubrachte und im Jahre 180 an der Pest starb. Viele
Germanen wurden damals auf Reichsboden angesiedelt und in die Legionen
eingereiht. So verschuldete es Marc Aurel, „der Philosoph auf dem Kaiser-
thron", ohne es zu wollen oder zu ahnen, daß die Germanen im Lauf der
Zeit auch in die höchsten Kommandostellen vorrückten, ja schließlich die
180 Herren der Reichsverwaltung wurden. Nach dem Tod des Marc Aurel
regierten nur kurz und endeten jedesmal durch Meuchelmord: Commodus,
Pertinax und Didius Julianus. Letzterer hatte jedem Prätorianer
4800 Mark gezahlt, um für ein paar Wochen römischer Kaiser zu sein. Bei
dieser großen Unordnung fühlten sich die Heere außerhalb Roms als die
einzigen Beschirmer des Reichs und als seine Herren. Gleichzeitig riefen
drei verschiedene Armeen jede ihren Anführer zum Kaiser aus. Den Sieg
behielt der Afrikaner Septimins Severus.
Kapitel 32.'
Das silberne Zeitalter der römischen Gesellschaft
von Augustus bis auf Marc Aurel war ein nervöses Zeitalter. Man hat es
immer eilig und steigert sich gegenseitig bei allem, was man unternimmt, in eine
Hast hinein. Selbst Künstler und Schriftsteller, Rhetoren und Dichter suchen sich
zu überbieten. Es entstehen die Pracht-und Kolossalbauten; die Riesensäulen;
die raffinierten Mosaikarbeiten; die großen gelehrten Sammelwerke. Alles ist
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